57 Blick »Göttliche Dienstleistungen«

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In jungen Jahren schlenderte der «lose gegurtete» Dandy Julius Caesar ähnlich provozierend über das Forum wie heutige Träger herunterhängender Baggy Pants. Bis zum Start seiner politischen Karriere hatte er bereits 6,25 Millionen Denare Schulden angehäuft, das hätte damals ausgereicht für 12,5 Millionen Bordellbesuche.

Bereits im alten Rom waren Stimmen käuflich. Caesar finanzierte seine Wahl zum Konsul im Jahre 59 v.Chr. mit Darlehen und musste darauf einen Weg finden, seinen Schuldenberg abzutragen. Der Weg führte nach Gallien. Händler hatten immer wieder über das sagenhafte Gold der Kelten berichtet, das die «Barbaren» als Opfergaben in heilige Teiche und Flüsse warfen. Aus Respekt vor den Wassergöttern, Geistern und Dämonen war es deshalb verboten, in Gewässer zu pinkeln.

Sind heute geopolitische Strategien oder Bodenschätze oft ein Kriegsgrund, waren es in der Antike Gold, Sklaven und die Erweiterung des Reiches. Da es verboten war, ohne Einwilligung des Senats ausserhalb der Staatsgrenzen Krieg zu führen, konstruierte Caesar eine Bedrohung durch die von germanischen Stämmen bedrängten helvetischen Auswanderer und fischte mit seinen Legionen so erfolgreich in keltischen Gewässern und Tempeln, dass der Goldpreis in Rom um 25 Prozent fiel.

Dass man Gold in Flüsse, Weiher und Brunnen warf, sozusagen als Anzahlung für bestellte göttliche Dienstleistungen, war in der Antike weitverbreitet.

Die Tradition wird heute mit den beliebten Wunschbrunnen am Leben erhalten. Obwohl die meisten diesen Aberglauben belächeln, können sie dennoch nicht widerstehen, bei einem Rom-Besuch Münzen in den Trevi-Brunnen zu werfen und sich heimlich etwas zu wünschen.

Auch der Weiher vor dem weltberühmten Löwendenkmal in Luzern ist als Wunschbrunnen bei Touristen beliebt. Täglich werfen vor dem «traurigsten und bewegendsten Stück Stein der Welt» (Mark Twain) Ferienreisende Münzen ins Wasser.

Drei praktisch veranlagte Luzernerinnen wollten vor einem Jahr zukünftiges Glück nicht den Launen der Götter überlassen und fischten die Münzen heimlich aus dem Weiher. Sie durften das Geld behalten. Denn wer Geld wegwirft, gibt seinen Eigentumsanspruch auf.

Claude Cueni (64) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Seine ersten 50 BLICK-Kolumnen sind unter dem Titel «Die Sonne hat keinen Penis» erschienen.

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