Wendepunkt Vietnam, Netflix Serie 2025
Kriegspropaganda Vietnam, Irak, Ukraine
5545 Anschläge inkl. LZ
Die 6teilige Netflix Serie „Turning Point: The Vietnam War (2025)“ zeigt eindrücklich, wie stark der Vietnamkrieg von Propaganda und gezielter Desinformation begleitet wurde. Parallelen zum Krieg in der Ukraine sind
unübersehbar und bestätigen einmal mehr, dass im Krieg zuerst die Wahrheit stirbt. Und zwar auf beiden Seiten.
In den 1960er-Jahren bemühte sich die amerikanische Regierung unter Richard Nixon (1913-1994) jede Kritik am Vietnamkrieg zu delegitimieren: Kriegsgegner wurden als kommunistische Handlanger Moskaus oder Pekings diffamiert, ähnlich wie heute im Ukrainekrieg. Wer damals gegen den Krieg protestierte, galt schnell als „kommunistisch unterwandert“, als Sprachrohr Moskaus oder Pekings. Die Frage nach diplomatischen Lösungen oder die Kritik an der Brutalität des Krieges wurden nicht als legitime Meinungen anerkannt, sondern als Bedrohung der nationalen Sicherheit – ein Muster, das sich heute im Ukrainekonflikt wiederholt. Auch heute werden kritische Stimmen, die zu Verhandlungen aufrufen oder westliche Waffenlieferungen infrage stellen, reflexartig als „putingesteuert“ oder gar als “gesichert rechtsextrem“ diffamiert. Der Vorwurf der illoyalen Gesinnung ersetzt das Argument.
In beiden Fällen diente und dient diese Rhetorik dazu, einen differenzierten Diskurs zu unterdrücken und Regierungslinien gegen abweichende Meinungen abzusichern.
Mit der Netflix-Dokumentation “Turning Point: The Vietnam War (2025)“ erscheint eine sehenswerte Analyse des Vietnamkriegs. Hochkarätig sind die zahlreichen Zeitzeugen die ihre Sicht der Dinge darlegen. In fünf Episoden zeichnet Regisseur Brian Knappenberger die politische Eskalation, die medialen Verzerrungen und die tiefgreifenden gesellschaftlichen Spaltungen nach, die der Vietnamkrieg in den USA auslöste.
Ein zentrales Thema der Serie ist die Diskrepanz zwischen den Aussagen der US-Regierung und den tatsächlichen Geschehnissen in Vietnam. Sehr eindrücklich ist die Gegenüberstellung von Presseerklärungen und mittlerweile freigegebenen Tonbandmitschnitten. Da offenbart sich ein menschenverachtender Zynismus der selbst Hartgesottene schockiert. Während Nixon im Fernsehen das Ende des Krieges verspricht, sagt er am gleichen Tag im vertrauten Gespräch mit Kissinger, dass sie aus innenpolitischen Gründen den Krieg weiterführen müssen. Die jungen Männer, die im Dschungel sterben, sind ihm völlig egal. Bei Kriegsende sind es rund 58.000, das sind 58.000 Tragödien, Albträume, stille Geburtstage, leere Stühle und ein Echo, das nie verklingt. Selbst ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende sind die Emotionen der Angehörigen nicht verklungen. Wut und Verbitterung kehren zurück. Nixon schickte meist junge, unerfahrene Männer aus der Unterschicht in den Dschungel. Die grösste Gruppierung waren Afroamerikaner. Sie mussten für ein Land kämpfen, töten und sterben, obwohl dieses Land ihnen weiterhin das Stimm- und Wahlrecht vorenthielt. Muhammad Ali verweigerte am 28. April 1967 den Militärdienst mit den Worten: „Ich habe keinen Streit mit denen, kein Vietcong hat mich je ‚Nigger‘ genannt.“ („I ain’t got no quarrel with them. No Viet Cong ever called me nigger.“). Noch am selben Tag wurde er verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 10.000 US-Dollar verurteilt. Er verlor seine Boxlizenz.
Schon frühzeitig präsentierte die CIA eine umfangreiche Analyse in der sie unmissverständlich darlegte, dass die USA den Vietnamkrieg nicht gewinnen können, nicht gewinnen werden. Nixon und Kissinger wussten es, aber sie brauchten den Krieg zum persönlichen Machterhalt und täuschten und belogen jahrelang Öffentlichkeit und Kongress. Die Dreistheit erinnert an den irakischen Informationsminister „Comic Ali“, der 2003 den Sieg Saddam Husseins verkündete, während US-Panzer an seinem Fenster vorbeifuhren.
Die Vietnam-Dokumentation ist mehr als ein bloßer Rückblick. Sie zeigt, wie wenig sich Grundmuster politischer Kommunikation geändert haben. Wer sich die fünf Stunden aufmerksam anschaut, erkennt nicht nur die Fehler der Vergangenheit, sondern auch die Fallstricke der Gegenwart: Kriegsbegeisterung ohne Perspektive, mediale Homogenität ohne kritischen Diskurs, moralischer Absolutismus ohne Raum für Diplomatie.
In Vietnam waren Journalisten wie Peter Arnett oder Neil Sheehan massgeblich daran beteiligt, dass die öffentliche Meinung wechselte und landesweite Demonstrationen gegen den Krieg die Regierung das Fürchten lernten. Sie schrieben, was ist. Fakten statt Meinungen. Heute sitzen in den Redaktionsbüros mehrheitlich Aktivisten und Diener der Regierungen. Oeffentlich-rechtliche Fernsehsender sind heute “service gouvernement“ statt “service public“. Das oberste Gebot scheint zu sein: Egal, was passiert, bloss nicht Wasser auf die Mühlen des politischen Gegners.
In diesem Sinne ist „Turning Point: The Vietnam War (2025)“ lehrreich und erinnert woran uns die Medien nicht erinnern wollen und werfen (ohne es zu wollen) die Frage auf, was sonst noch alles gelogen ist? Die Frage müsste eher lauten: Was ist nicht gelogen? Obwohl die fortschreitende Demenz von Joe Biden immer offensichtlicher wurde, verschwiegen die Medien konsequent seine Krankheit und stellten nie die Frage wer, während in seiner Amtszeit die Regierungsgeschäfte führte. Der Deep State? Wer denn sonst? Ich war es nicht. Dass das Klima wärmer wird ist offensichtlich. Menschengemacht oder Naturkonstante? Erst in einigen Jahren werden wir erfahren, ob Global Warning bloss ein weiterer Scam war, um Sondersteuern zu erheben und den Great Reset durchzusetzen.
Claude Cueni ist Schriftsteller und lebt in Basel. Soeben erschien in der Edition Königstuhl sein Bildband “Small Worlds – Volume II“.