Korruptionsskandal erschüttert die Philippinen
2934 Claude Cueni
Bis zu zwei Milliarden US-Dollar sollen sich auf den Philippinen in den vergangenen zwei Jahren in Luft aufgelöst haben. Gelder, die eigentlich für dringend notwendige Hochwasserschutzprojekte bestimmt waren, versickerten im Nirgendwo oder wurden für mangelhafte Bauten ausgegeben. Nun steht das Ministerium für öffentliche Arbeiten und Fernstraßen im Zentrum eines der größten Korruptionsskandale der jüngeren philippinischen Geschichte. Und erneut steht ein Marcos im Mittelpunkt, der Sohn des gleichnamigen Diktators, der 2004 von Transparency International (TI) als zweitkorruptester Staatschef der Welt bezeichnet wurde.
Der aktuelle Skandal wurde publik, als Finanzminister Ralph Recto in einer Senatsanhörung Zahlen nannte, die das Ausmaß des Problems deutlich machen: Zwischen 25 und 70 Prozent der Mittel für Hochwasserschutz seien mutmaßlich in die Taschen korrupter Beamter, Auftragnehmer oder Mittelsmänner geflossen, obwohl diese Steuergelder dringend beim Bau von Deichen, Pumpstationen und Entwässerungskanälen gebraucht würden. Stattdessen versickern sie in einem Geflecht aus Vetternwirtschaft, Korruption und utang na lob, einer auf den Philippinen stark verankerten Dankbarkeitsschuld.
Für die Philippinen ist Hochwasserschutz jedoch eine existenzielle Frage. Jedes Jahr treffen Taifune auf den Inselstaat, häufig mit katastrophalen Folgen. Ganze Stadtviertel in Manila und in den Provinzen stehen regelmäßig unter Wasser. Der Meeresspiegel steigt, die Sturzfluten nehmen zu. Die ärmsten Bevölkerungsschichten sind am stärksten betroffen. Die Wut entlädt sich vorerst nur in den Sozialen Medien, Bilder mit 40 Luxuslimousinen werden zusammen mit Armutsbildern aus den Smokey Mountains gepostet.
Oppositionspolitiker fordern unabhängige Untersuchungen. Doch Menschen und Organisationen fordern nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch grundlegende Reformen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.
Die Folgen dieses “nationalen Skandals“ sind nicht nur sozial, sondern auch ökonomisch gravierend. Laut Finanzminister Ralph Recto hätte die philippinische Wirtschaft 2023 und 2024 bis zu 6 Prozent wachsen können, wenn die Mittel effizient eingesetzt worden wären. Tatsächlich lag das Wachstum mit 5,5 bzw. 5,7 Prozent darunter. Damit entging dem Land ein Teil des dringend benötigten wirtschaftlichen Aufschwungs.
Investoren, die in den boomenden südostasiatischen Markt drängen, beobachten die Entwicklung mit Sorge. Schon jetzt rangieren die Philippinen im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International nur auf Platz 114 von 180 Ländern, weit hinter Nachbarstaaten wie Malaysia oder Vietnam. Zum Vergleich: Die Schweiz belegt Rang 5, die Ukraine Rang 105 (Russland: 154).
Die Korruptionsskandale auf den Philippinen sollten auch jenen zu denken geben, die Milliarden von Steuergeldern in die Ukraine überweisen, obwohl die Ermittler aus den USA und aus Deutschland die spurlos verschwunden Westmilliarden immer noch nicht gefunden haben.