#chronos (1957)

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The-Bridge-Of-The-xRiver-Kwai

«Wissen Sie, was heute für ein Tag ist, Colonel?»

«Ich habe leider den Überblick verloren.»

In dem mit sieben Oscars ausgezeichneten Kriegsfilm von David Lean spielten William ­Holden und Alec Guiness die Hauptrollen. Der Film war umstritten. Die einen kritisierten die Darstellung bedingungsloser Pflichterfüllung, die anderen glaubten, feine Ironie zu erkennen («Wie stirbt man nach Vorschrift?»). Der Militärmarsch, den die Kriegsgefangenen pfiffen, wurde weltweit ein Hit und in Werbung und Coverversionen mit ironischen Texten verballhornt.

1957 erklärt US-Präsident Dwight D. Eisen­hower vor dem Kongress seine Eisenhower-­Doktrin, wonach Amerika alle Länder im Nahen Osten gegen kommunistische Expansionsgelüste verteidigen müsse. Die Staatschefs von Ägypten, Jordanien, Syrien und Saudi-Arabien lehnten diese Einmischung ab und beschlossen eine «Aktive Neutralität».

Ärger hatte Eisenhower auch im eigenen Land. Als Orval Faubus, der Gouverneur von Arkansas, trotz offizieller Aufhebung der ­Rassentrennung durch den obersten Gerichtshof, neun schwarze Schüler am Betreten der Highschool in Little Rock hinderte, und dafür sogar Nationalgardisten aufbot, schickte Eisenhower die 101. Luftlande­division und entzog dem ­Gouverneur sämtliche Polizei- und ­Armeeeinheiten.

In Algerien wüteten die französischen Fremdenlegionäre mit systematischen Entführungen, Folterungen und abscheulichen Exekutionen und brachten sogar die französische Öffentlichkeit gegen sich auf. Jean-Jacques Servan-Schreiber, ein ehemaliger Leutnant der französischen Armee, hatte als Chefredakteur von

L’Express die Zustände in ­zahlreichen Artikeln und in seinem Buch «Lieutenant en Algérie» kritisiert. Gegen ihn wurde von einem Pariser ­Militärgericht ein Verfahren eröffnet. Einmal mehr sollte nicht der Verursacher, sondern der Überbringer der Nachricht bestraft werden.

Um Gerechtigkeit ging es auch in Sidney Lumets Justizdrama «12 Angry Men» (zu Deutsch «Die zwölf Geschworenen») mit Henry Fonda und Lee J. Cobb in den Hauptrollen. Obwohl als Kammerspiel inszeniert, wurde der Film wegen seiner psychologischen Feinzeichnung ein Welterfolg und gilt heute nicht nur als Klassiker, sondern auch als Beispiel für das Verhalten von Individuen im einem gruppendynamischen Prozess.

Auch in der Deutschen Demokratischen ­Republik (DDR) gab es gruppendynamische ­Prozesse. Immer mehr Menschen flohen aus dem sozialistischen Paradies. Um den Verlust wertvoller Arbeitskräfte zu verhindern, wurde «Republikflucht» unter Strafe gestellt. Doch die Jugend­lichen wollten lieber im kapitalistischen Westen in spitzen Lederstiefeletten und schwarzen Leder­jacken Rock’n’Roll tanzen statt «Auferstanden aus Ruinen» (Nationalhymne) singen.

In Westdeutschland (BRD) fanden die Wahlen zum 3. Deutschen Bundestag statt. Konrad ­Adenauer machte die weit verbreite Altersarmut zum Wahlkampfthema. Nach dem Zweiten ­Weltkrieg war die Kapitalbasis der Renten­versicherung zerronnen, die Löhne dank des ­Wirtschaftswunders gestiegen, die Kluft zwischen Berufstätigen und Rentnern immer grösser ­geworden. Adenauer gewann die Wahlen mit dem Versprechen, die «dynamische Leistungsrente» einzuführen. Kaum wiedergewählt, vergass er die versprochene Rentenerhöhung: «Was ­interessiert mich mein Geschwätz von gestern?» Kommt uns das bekannt vor?

Oscarwürdiger war der Song, den Doris Day in Alfred Hitchcocks Thriller «Der Mann, der zu viel wusste» sang. Das Lied ging um die Welt und wurde die Erkennungsmelodie der TV-Show von Doris Day: «Whatever will be, will be (que sera, sera)».

© Basler Zeitung; 30.09.2016

 

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