Kolumne: Lolo Kiko on Tour

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Der Papst auf den Philippinen
Lolo Kiko on Tour
Von Claude Cueni

Auf den Philippinen sind sich die meisten ­Menschen einig: Das grösste Problem des Landes ist nicht die exorbitante Korruption, obwohl sie laut einem ehemaligen Finanzminister 50 Prozent des Staatshaushaltes verschluckt. Das grösste ­Problem sind auch nicht die brutalen Tsunamis, Erdbeben, Vulkanausbrüche und ­Terroranschläge der islamistischen Terrorgangs. Nein, das grösste Problem ist die Über­bevölkerung und die ­Katholische Kirche, die bis zum obersten Gericht prozessiert, um Sexualaufklärung an den Schulen zu verhindern. Politiker, die dagegen-­halten, droht die Exkommunikation, was im streng katholischen Land das Ende der politischen Karriere bedeutet.

Der Papst, der auf den Philippinen liebevoll Lolo Kiko genannt wird (Lolo für Grossvater und Kiko als Nickname für Franziskus) sagte auf der Rückreise nach Rom, Katholiken sollten sich nicht vermehren wie die Karnickel, drei Kinder seien genug. Der Protest reicht von kinderreichen Familien bis zu Erwin Leowsky, dem Präsidenten des deutschen Rasse-Kaninchenzüchterverbands.

Doch entscheidend ist nicht die Anzahl Kinder, sondern die Anzahl Kinder, die man ernähren und auf eine Schule schicken kann. In den armen philippinischen Provinzen, abseits der westlich orientierten Wirtschafts­zentren, gibt es tatsächlich Familien, die mehr als zehn Kinder haben, obwohl sie mit vier oder fünf glücklich wären. In diesen Familien bedeuten zehn Kinder, das keines nach der Primarschule in die nächste Stufe wechseln kann. Die Armut wird so von Generation zu Generation weitergegeben. Mehr Bildung und Wohlstand hat gemäss Statistik eine geringere Anzahl Kinder zur Folge.

Was war also der Sinn dieser Papstreise? Als die zwölfjährige Glyzelle Palomar, ein ehemaliges Strassenkind, dem Papst sagte, dass viele Kinder von ihren Eltern verlassen werden und Opfer von Drogen und Prostitution werden, überquerte der Medienstar die Bühne, nahm das weinende Mädchen in die Arme und sagte: «Lasst uns lernen, zu weinen wie sie.» Wahrscheinlich ­würden die ­meisten bessere Lebensbedingungen vorziehen.

Lolo Kiko hätte die Chance gehabt, seinen philippinischen Bischöfen die Leviten zu verlesen. Es wäre in seiner Macht gestanden, als Oberhaupt der Katholischen Kirche Kondom- und Pillen­verbot aufzuheben. Doch er inszenierte sich als lustiger Kumpel. Inhaltlich unterscheidet er sich kaum von seinem erzkonservativen Vorgänger. Neu ist die Inszenierung: Die Kirche der Armen vertraut nicht mehr dem Heiligen Geist, sondern den PR-Beratern von Ernst & Young und McKinsey.

© Basler Zeitung; 23.01.2015

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