05 – 2025 Weltwoche: Der Antisemitismus ist die neue Wokeness

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Das Beispiel von Nemo und Co. zeigt: Der Antisemitismus ist die neue Wokeness.


Claude Cueni


In den 1960er-Jahren fragte ich meine Mutter, was sie eigentlich gegen Juden habe. Wir kannten ja keine. Sie sagte, die Juden hätten Jesus ans Kreuz geschlagen. Schon eine Weile her, dachte ich. Mein Vater riet mir, Juden zu meiden, denn sie seien geldgierig und geizig. Als Teenager verliess ich später nicht nur dieses Elternhaus, sondern auch all die Vorurteile, die man mir wie eine Schluckimpfung verabreicht hatte.

In den 1970er-Jahren war es chic, mit dem Schal des damaligen PLO-Terrorchefs Jassir Arafat in die Schule zu gehen, man zitierte aus der roten Mao-Bibel und huldigte Che Guevara, dem Stalin-Verehrer und «Marlboro Man» der Linken. Man schwärmte für die DDR, die selbst nach dem Olympia-Massaker (1972) auf der Seite der Palästinenser blieb und ihnen weiter schwere Waffen lieferte. Die klammheimliche Liebe zum Totalitären war genauso verbreitet wie die Judenfeindlichkeit. Das war der damalige Zeitgeist, die «Wokeness» der Siebziger.

Die Jungs wurden zwar älter und entsorgten ihre karierten Halstücher, aber nicht ihre Abneigung gegen Juden. Vor Jahren unterhielt ich mich mit einem linken Verleger über eine Autorin. Er mochte sie nicht und sagte, sie sei halt Jüdin. Irritiert hat mich, dass er automatisch annahm, dass ich als Schriftsteller seine Meinung teile.

Der 1967 von Rudi Dutschke geforderte «Marsch durch die Institutionen» war auch der Marsch des Antisemitismus in den rot-grünen Mainstream. Ihre Redakteure fühlten sich mehrheitlich mehr dem Aktivismus und der Propaganda verpflichtet als dem faktenbasierten Journalismus.

Judenfeindlichkeit ist seitdem integraler Bestandteil der rot-grünen Agenda. Während man bei Putin keine Sekunde zögerte, Boykotte zu verhängen, zögert man, die Zahlungen an Palästinenser einzufrieren. In den letzten 50 Jahren erhielten diese vom Westen zig Milliarden Steuergelder und sind dennoch nicht in der Lage, selber für Wasser und Elektrizität zu sorgen. Aber sehr wohl für Waffen. Das Elend wird kein Ende finden, denn damit generieren die Hamasführer Spenden. Spenden für wen?

Die Hamasführer leben überwiegend im Exil, insbesondere in Katar, der Hauptstadt von Doha. Dort residieren sie in pompösen Anwesen und führen ein Leben im Luxus.

Ismail Haniyeh, der ehemalige Chef des Politbüros der Hamas, lebte mit seiner Familie in einer Strandvilla in Doha. Der Vielflieger pendelte – bis zu seinem Tod – im Privatjet zwischen Teheran, Istanbul, Doha und Kairo. Seine Söhne verwalten das Familienvermögen im sicheren Istanbul. Das Magazin Capital schätzt das Vermögen auf 4 Milliarden US-Dollar. Bei Khaled Mashal, einem ehemaligen politischen Führer der Hamas, liegt die Schätzung bei 4 bis 5 Milliarden US-Dollar, Mousa Abu Marzouk, der Stellvertretende Vorsitzender des Hamas-Politbüros, soll drei Milliarden US-Dollar besitzen.

Die Diskrepanz zwischen dem Lebensstil der Hamas-Führung und der Armut der Bevölkerung im Gazastreifen wird zwar international kritisiert, aber es hat kaum Einfluss auf die Steuermilliarden, die westliche Staaten bedenkenlos überweisen. Israel-Hass und Antisemitismus sind wohl zu stark ausgeprägt, selbst einige Mitarbeiter von NGO’s waren den Terroristen beim Verstecken der entführten Geiseln behilflich.

Der grösste Feind der palästinensischen Bevölkerung ist nicht Israel, das sind die Hamas und die mit ihnen kooperierenden Organisationen und Länder. Besser ergeht es jenen Palästinensern, die in Israel (!) arbeiten können. Bis zum 7. Oktober 2023 arbeiteten etwa 150.000 Palästinenser aus dem Westjordanland und rund 18.500 aus dem Gazastreifen legal in Israel. Das waren 13 Prozent aller Palästinenser. Ihr Einkommen machte 2022 allein im Gazastreifen 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Das sind etwa 4 Milliarden US-Dollar.

Die Hamas hat somit mit ihrem Terrorakt vom 7. Oktober erneut das Leben der Palästinenser nicht nur nachhaltig geschädigt, sondern hat in Kauf genommen, dass sie bombardiert und getötet werden.

Dass in Europa zugewanderte Palästinenser auf offener Strasse ihren Hass ausleben und wie kürzlich in Berlin Polizeibeamte attackieren und krankenhausreif schlagen, zeigt einmal mehr, dass man bei uns nicht jede Kultur integrieren kann. Und schon gar nicht junge Fanatiker, an denen die zivilisatorische Entwicklung der letzten 2000 Jahre scheinbar spurlos vorbeigegangen ist.

Es ist wohl einem Mix aus Mediengeilheit, narzisstischem Overacting und Ignoranz geschuldet, wenn Nemo & Co. sich ungeniert als Israel-Hasser zu erkennen geben. Von den Mainstreammedien droht kein Bashing, vom Schweizer Fernsehen schon gar nicht. Sie mögen kuschelige Jungs mit dem Verstand eines Kleinkindes, die aussprechen, was sie selbst nicht zu sagen wagen.

Vielleicht sollte Nemo den nächsten Urlaub zur Horizonterweiterung im Gazastreifen verbringen. Die Hamas verfolgt dort LGBTQ-Menschen systematisch, etliche werden dabei ermordet. In Israel müsste Nemo hingegen nicht um sein Leben fürchten. Da gilt das, was Nemo so wahnsinnig wichtig ist: Inklusion.


Claude Cueni ist Schriftsteller und lebt in Basel. Soeben erschien in der Edition Königstuhl sein Fotoband «Small Worlds Volume II».


 

 

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