32 Blick »Täglich grüsst der Weltuntergang«

Facebooktwitterredditpinteresttumblrmail

Bereits vor zweitausend Jahren zogen selbsternannte Propheten durch die Gegend und versetzten die Bevölkerung in Panik: «Der Weltuntergang ist nah! Tut Busse!» Da diese Warner offenbar eine Standleitung zu höheren Mächten hatten, sammelten sich die Ängstlichen und Humorlosen um sie herum und frassen ihnen aus der Hand.

Wer am meisten Angst verbreitete, hatte am meisten Anhänger. Mit der Figur des Teufels errang das Christentum die Pole-Position. Fortan schwebte das Damokles-Schwert über den Köpfen der Sünder und bestimmte ihr Handeln.

Die Zukunft nach Nostradamus

Der Meister der Panikmache ist Nostradamus, der die Zukunft bis ins Jahr 3797 voraussagte und klugerweise 1566 verstarb, damit ihm niemand seine Irrtümer vorwerfen konnte.

Als im Sommer 1999 «ein grosser König des Schreckens» vom Himmel runterfahren sollte, bestand kein Zweifel daran, dass Putin (oder eher Kim Jong Il?) die Welt zerstören würde. Da die beiden anderweitig beschäftigt waren, wurden die nebulösen Verse nachträglich als poetische Beschreibung einer Sonnenfinsternis interpretiert und fortan hiess es, Nostradamus habe die Sonnenfinsternis vorausgesagt.

Greta, das sprechende Flugblatt

Die heutigen Weltuntergangs-Propheten sind keine Religionsführer, sondern Wissenschaftler. Der Club of Rome publizierte 1972 «Die Grenzen des Wachstums», Ölvorräte würden bis 2010 versiegen. Wann haben Sie zuletzt getankt? Dann krabbelte der Borkenkäfer in die Redaktionsstuben, und wir nahmen Abschied von der Tanne in Nachbars Garten.

Die aktuelle Panik-Kampagne mit einem autistischen Mädchen als sprechendes Flugblatt war eine clevere Idee des PR-Profis Ingmar Rentzhog. Nur nützt sie weniger dem Klima als dem Aktienkurs seiner Firma und den beiden Aktiengesellschaften von Gretas Vater.

Klima retten, Pony reiten

Wenn «Klima retten» nicht zum neuen «Pony reiten» verkommen soll, braucht es technische Innovationen und Hilfen zur Geburtenkontrolle, denn die Mehrheit im Westen will sich nicht einschränken, und die Dritte Welt wird nicht auf die begonnene Industrialisierung verzichten.

Die Dreckschleudern in den Fabriken des 19. Jahrhunderts wurden nicht durch Verschrottung der Dampfmaschinen und einem folkloristischen Rückfall in die Pubertät beseitigt, sondern durch neue Erfindungen (und soziale Verbesserungen).

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. In seinem Roman «Godless Sun» beschrieb er die Entstehung einer neuen Naturreligion. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.


Die ersten 50 Blick-Kolumnen in Buchform.

eBook, Paperback, Hardcover

Facebooktwitterredditpinteresttumblrmail