045 Blick »Ich gut, Du Nazi«

© Blick, Kolumne 45 vom 20. September 2019


Sie schlugen den Gegnern die Köpfe ab und hängten die Trophäen um den Hals ihrer Pferde. So beschrieb der griechische Geschichtsschreiber Poseidonios das Schlachtritual der Kelten. Diese «haarigen Wilden» sprachen unverständliches Kauderwelsch und wurden deshalb Barbaren genannt, was so viel heisst wie «Stotterer». Im Lauf der Jahrhunderte wechselte die Bedeutung, und der Begriff galt nur noch für unzivilisiertes Benehmen.

Eine ähnliche Verwandlung erlebt der Begriff «Nazi». Was ist ein Nazi? Es gibt den unbelehrbaren Alt-Nazi, der einen Massenmörder verehrt, und es gibt den Neo-Nazi, der weder Hitler noch den Holocaust erlebte und in der Schule einen Fensterplatz hatte.

Nazis haben sechs Millionen Juden ermordet. Kann man jemanden, der Nobelpreisträger Milton Friedman zitiert, wonach man entweder offene Grenzen oder ein Sozialsystem haben kann, mit den schlimmsten Verbrechern der Weltgeschichte gleichsetzen?

Als Nazi werden Rechtsextreme bezeichnet, obwohl einige Historiker immer noch darüber streiten, ob Hitler nun ein Rechtsextremer oder ein Linksextremer gewesen ist. Denn er träumte wie alle Sozialisten von der sozialen Gleichschaltung, und sein Programm bewegte sich zwischen dem linken Totalitarismus Stalins und dem Faschismus des Ex-Kommunisten Mussolini. Karl Marx‘ klassenlose Gesellschaft hiess bei Hitler «Volksgemeinschaft». Ein populärer Witz war damals: «Aussen braun, innen rot.» Was also ist ein Nazi?

ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann (#nazisraus) formulierte es ironisch: «Jeder, der nicht grün wählt, ist ein Nazi.»

Mittlerweile gehört die einschüchternde Nazi-Keule zur populistischen Folklore im deutschsprachigen Raum und ersetzt das Argument.

Jeder Begriff nützt sich durch den inflatorischen Gebrauch ab. In den 70er-Jahren war jemand «geil», wenn er sexuell erregt war. Heute ist alles geil, was Spass macht – ein Song ist geil, Geiz ist geil und eine Burger-Aktion «drei für zwei» ist megageil.

Die nächste Generation wird das Nazi-Wort wahrscheinlich nicht mehr mit den «nationalistischen Sozialisten» in Verbindung bringen. Ich hörte im Sommer einen Teenager fluchen, weil der Tramchauffeur nicht auf ihn gewartet hatte. Er rief ihm nach: «Scheissnazi!»

044 Blick »Desperados auf zwei Rädern«

 

Dass wir heute auf unseren Trottoirs von rücksichtslosen Velo-Rowdys und E-Trottinettlern verjagt werden, hat mit dem Wetter im frühen 19. Jahrhundert zu tun. Und das kam so: Missernten führten zu einer Nahrungsmittelknappheit, zahlreiche Menschen starben den Hungertod. Während wir heute mit der Sexualpädagogin Deanne Carson öffentlich diskutieren, ob man Babys vor dem Wickeln um Erlaubnis fragen muss, hatten die Menschen damals noch echte Probleme.

Auch Karl Freiherr von Drais. Er konnte sich kaum noch das Futter für seine Pferde leisten. Da es damals weder Crowdfunding noch die Kultur des Jammerns gab, erfand er kurzerhand eine hölzerne Konstruktion mit zwei Rädern, eine sogenannte Laufmaschine, ein Vorläufer des Velos, aber noch ohne Pedale. Für den Antrieb benutzte man die Beine. Die «Draisine» erfreute sich rascher Beliebtheit, da man sie nicht füttern musste und sie nie ein Burn-out erlitt.

Doch das Geld, das der Freiherr von Drais beim Futter einsparte, investierte er in Hochprozentiges. Das hielt ihn aber nicht davon ab, 1812 eine «Notenschriftmaschine» zu erfinden, die beim Klavierspielen gleichzeitig die Noten aufzeichnete. Berühmt wurde auch seine «Schnellschreibmaschine» mit lediglich 16 Tasten und ein innovatives Rohrleitungssystem, das von seinen Hauslieferanten, den Schnapsbrennereien, übernommen wurde.

Es war wohl einer Schnapsidee geschuldet, dass er an einer Expedition nach Brasilien teilnahm. Als er fünf Jahre später mittellos zurückkehrte, wollte man den «närrischen Mann» entmündigen, aber seine Schwestern retteten ihn. Mittlerweile war seine Draisine von anderen europäischen Herstellern kopiert und verbessert worden. Er griff wieder zur Flasche. Nach einer Wirtshausschlägerei landete er in der Gosse und wurde zum Gespött: «Freiherr von Rutsch, zum Fahre kei Kutsch, zum Reite kein Gaul, zum Laufe zu faul.»

Heute ist das verkannte Genie auf einer Briefmarke verewigt, und die Weiterentwicklungen seiner hölzernen Laufmaschine sind ein Ärgernis für Fussgänger. Denn im Gegensatz zu Autofahrern geniessen Verkehrssünder auf zwei Rädern fast schon diplomatische Immunität.

043 Blick »Eine Frau sieht rot«

Ende des 19. Jahrhunderts stürmte die zwei Meter grosse Carry Nation mit einer Axt einen Saloon in Kansas und schlug die ganze Bar kurz und klein. Der Sheriff nahm sie wegen Sachbeschädigung fest. Carry protestierte, sie habe den Saloon nicht beschädigt, sondern zertrümmert, und sie werde nach ihrer Haftentlassung weiter wüten.

Dabei hatte alles friedlich begonnen. Carry war schon früh der Frauenorganisation Temperance Union beigetreten, die aus der Abstinenzbewegung der 1870er-Jahre entstanden war. Alkoholsucht war in jener Zeit ein echtes Problem.

Jeder Einwohner über 15 trank im Schnitt achtzig Flaschen Whiskey pro Jahr, also dreimal so viel wie die Nachfahren im 21. Jahrhundert. Arbeiter tranken am Morgen, am Mittag und am Abend, das Land war notorisch besoffen, und ganze Familien stürzten in Elend und Armut. Auch Carrys Biografie war mit Alkoholleichen gepflastert.

Frustriert vom abflauenden Erfolg der Abstinenzler, wollte sich Carry nicht mehr mit Protestliedern und Sitzstreiks vor den Saloons begnügen. Sie liess sich scheiden, gründete mit radikalen Christen eine neue Sektion und griff zur Axt. Sie sagte, Gott persönlich habe ihr die Lizenz zum Hacken erteilt.

Medienwirksam randalierte sie im US-Senat, auf ihren Vortragsreisen wurde sie wie ein Popstar gefeiert. Promis biederten sich an und genossen fortan ihren Whiskey heimlich, während Carry nach über hundert zertrümmerten Saloons das Merchandising entdeckte und kleine Äxte mit der Aufschrift «Saloon-Zerschmetterer» verkaufte.

Wie die meisten Massenbewegungen, die zu Beginn ein durchaus legitimes Anliegen haben, radikalisiert sich bei nur mässigem Erfolg eine ungeduldige Minderheit und begeht Straftaten, die sie als moralische Pflicht zum Widerstand deklariert. 

Greta Thunberg lehnt Gewalt ab. Das wiederholt sie auch, wenn sie zum Fotoshooting ein T-Shirt der gewalttätigen Antifa anzieht oder im Hambacher Forst mit zwei Vermummten posiert, die zur «Rettung des Klimas» Angestellte des Stromkonzerns RWE mit nicht ganz CO2-freien Molotow-Cocktails angriffen und verletzten.

Der Flirt mit demokratiefeindlichen Straftätern ist wohl als Drohung zu verstehen. Falls ja, könnte es bald heissen: Friday was yesterday.


 

 

 

042 Blick »Braveheart hätte Brüssel abgefackelt«


Jede Nation hat ihren Freiheitshelden, wir haben unseren Wilhelm Tell, die Philippinen ihren Lapu-Lapu und die Schotten ihren Wallace, besser bekannt als Braveheart (US-Film mit Mel Gibson, 1995). Was sie alle gemeinsam haben, ist ihr mutiger Kampf gegen einen übermächtigen Unterdrücker.

Auch der Arverner-Fürst Vercingetorix war ein Freiheitsheld. Nach der Niederlage von Alesia musste er vor Cäsar niederknien und seine Waffen strecken. Gallien war «befriedet», nun galten römische Gesetze, und der römische Silberdenar wurde der Euro der Antike.

Feige Fürsten unterwarfen sich hingegen kampflos, weil Cäsar ihnen Ämter anbot. In zweitausend Jahren ist aber noch niemand auf die Idee gekommen, diese Bücklinge als Freiheitskämpfer zu bezeichnen.

Es ist deshalb bemerkenswert, dass sich heute eine Gruppierung, die sich einer völlig zerstrittenen EU unterwerfen will, ausgerechnet «Operation Libero» nennt. Das Wort bedeutet so viel wie «unabhängig/frei». Sie wollen Errungenschaften verschenken, zu denen sie nichts beigetragen haben, und fragten auf ihrer Homepage: «Willst du unsere Freiheit in Europa verteidigen? Werde ein Braveheart.» Ein Freiheitskämpfer, der sich unterwirft? Braveheart hätte eher Brüssel abgefackelt.

Worin besteht die «Befreiung», wenn die mutlosen Liberos kampflos aufgeben wollen, was sich die meisten der 512 Millionen EU-Bürger sehnlichst wünschen: direkte Demokratie. Was erhalten sie im Gegenzug? Betreute Demokratie?

Worin besteht die «Befreiung», wenn man sich einer diktatorischen Union unterwirft, die immer weniger von Mitbestimmung und Meinungsfreiheit hält und die Besteuerung von Bargeld plant, um den bargeldlosen Verkehr durchzusetzen? Wenn Erspartes nur noch virtuell verfügbar ist, wird es für die europäischen Zentralbanken ein Leichtes, «einmalige» Zusatzsteuern von den Konten der Bürger abzuheben. Per Mausklick übers Wochenende.

Ist es wirklich «progressiv», wenn ein zukünftiger «Nettozahler» vor einer Union mehrheitlich maroder Staaten kapituliert?

Libero ist der charmante Arm der EU-Bürokratie, das hochmütige Pepsodent-Lächeln des neuen Versailles. Es geht nicht um links oder rechts, es geht um die direkte Demokratie: ja oder nein.


English translation


Every Nation has its freedom heroes, we have our William Tell, the Philippines, their Lapu-Lapu and the Scots their Wallace, better known as Braveheart (US-the movie with Mel Gibson, 1995). What they all have in common is their brave fight against an overwhelming oppressor.

Also, the arverni Prince Vercingetorix was a freedom hero. After the defeat of Alesia, he had to stretch in front of Caesar, kneel down, and his weapons. Gaul was pacified””, now the Roman laws were in force, and the Roman silver denarius was the Euro of the ancient world.

Cowardly Prince threw themselves, however, without a fight, because Caesar offered them Offices. In two thousand years no one has come up with the idea to call these kippers, as a freedom fighter.

The opposite of independent and free

It is remarkable, that today, a grouping, a completely fractious EU under throw want of all things, “Operation Libero” is called. The word means as much as “independent/free”. You want to give away achievements to which you have not contributed, and asked on their Homepage: “do you Want to defend our freedom in Europe? A Braveheart will.” A freedom fighter who throws himself under? Braveheart would have rather burned in Brussels.

What is the “liberation”, when the discouraged Liberos want to go down without a fight, which most of the 512 million EU citizens desperately: direct democracy. What you get in return? Supervised Democracy?

lifted up Pepsodent-Smile

What is the “liberation”, if you throw in a dictatorial Union that holds less and less of participation and freedom of expression and the taxation of cash plans, the cashless transport to enforce? If Savings is only virtually available, it will withdraw for the European Central banks a Lightweight, “one-time” additional taxes from the accounts of citizens. By a mouse-click away over the weekend.

Is it really “progressive” if in the future a “net contributor” in front of a Union majority capitulated addresses of ailing States?

the Libero is the charming Arm of the EU bureaucracy, the haughty Pepsodent-Smile of the new Versailles. It’s not about left or right, it’s about direct democracy: Yes or no.


Francais / mauvaise traduction


Chaque Nation a son Héro, nous avons notre Guillaume Tell, les Philippines Lapu-Lapu et les Cloisons de vos Wallace, mieux connu sous le nom Braveheart (US-Film avec Mel Gibson, 1995). Ce qu’ils ont tous en commun, c’est votre courageux Combat contre un puissant Oppresseur.

La Arverner-Prince Vercingetorix était un Freiheitsheld. Après la Défaite d’Alésia, il dut César de s’agenouiller et de ses Armes. La gaule était «pacifié», maintenant, étaient considérés par la Loi romaine, et romain Silberdenar l’Euro a été l’Antiquité. Figue Princes se soumirent en revanche, sans combat, parce que César vous Offices offert. Dans deux mille Ans, mais personne n’est venue l’Idée de cette Bücklinge en tant que Combattants de la liberté, de la désigner. Le Contraire de indépendant et libre.

C’est pourquoi Il est intéressant de noter que, aujourd’hui, à un Groupement, se sont totalement agressifs de l’UE, de soumettre, justement, «Opération Libero» est appelé. Le Mot signifie «indépendant/free». Vous voulez Réalisations faites à rien d’avoir contribué, et a demandé sur sa page d’Accueil: «Veux-tu de notre Liberté en Europe défendre? Vais un Braveheart.» Un Combattant de la liberté, se soumet? Braveheart aurait plutôt Bruxelles brûlé à la torche. Quelle est la «Libération», si les découragés Liberos, sans renoncer à ce que la plupart des 512 Millions de Citoyens de l’UE ardemment désirer: la Démocratie directe. Qu’obtenez-vous en Retour? Supervisé Par La Démocratie?

Enflé Pepsodent-Sourire Quelle est la «Libération», si on dictatorial Union européenne soumet, de moins en moins de Participation et d’Expression, l’estime et l’Imposition de l’Argent prévoit, pour les transactions du Trafic? Si des Économies encore virtuel est disponible, pour les banques Centrales européennes Léger, «une fois» de taxes additionnelles sur les Comptes des Citoyens de décrocher. D’un Clic de souris pour le Week-end. Est-il vraiment «progressif» si l’un des futurs «Contributeurs nets» avant une Union majoritairement maroder Unis capitulé? Libero est la charmante Bras de la Bureaucratie européenne, l’orgueilleux Pepsodent-Sourire de nouveau de Versailles. Il ne s’agit pas de gauche ou de droite, il s’agit de la Démocratie directe: oui ou non.


 

041 Blick »Dinner für alle«

Dinner für alle

Kaiser Domitian, ein paranoider Rambo der römischen Antike, führte nicht nur Krieg gegen iranische Reitervölker, korrupte Beamte, Atheisten, lesbische Priesterinnen und homosexuelle Senatoren, sondern auch gegen den Dichtestress in Roms Gassen.

Die zahlreichen Garküchen erschwerten ein Durchkommen. Es war nicht die Qualität der gesalzenen Erbsen und Gemüsesuppen, die beinahe die ganze Bevölkerung zu den Strassenkantinen trieb, sondern der Umstand, dass die Unterschicht in ihren kleinen Mietwohnungen keine Feuerstellen zum Kochen hatte und Brennholz eh den Reichen vorbehalten war. Wollte man eine warme Mahlzeit, war man auf die privat betriebenen Imbissbuden angewiesen.

Garküchen breiteten sich entlang der Handelswege aus. An Grossanlässen wie den Spielen im Circus Maximus oder an den Olympischen Spielen waren die Fleischspiesse und Pasteten nicht mehr wegzudenken. Beim Bau des Regensburger Doms vor 700 Jahren versorgten bereits «dampfende Würstchenbuden» die Bauarbeiter. Zwischen zwei Brothälften eingeklemmt wurde der Imbiss später zum Hotdog.

Die Geschichte der antiken Garküchen bis zur McDonald’s-Systemgastronomie zeigt die Veränderungen in der Ernährung einer zunehmend mobilen Gesellschaft.

Da wir uns heute einbilden, immer weniger Zeit zu haben und googeln müssten, wie man ein Spiegelei brät, sind Strassenküchen auch in der westlichen Welt wieder im Trend. Sie stillen unsere Sehnsucht nach exotischen Ferienzielen, wo Street Food immer noch zum Stadtbild gehört wie damals im alten Rom.

Ärger macht den Freiluft-Gastronomen nicht mehr der Kaiser, sondern der Dichtestress im Paragrafen-Dschungel einer regulierungswütigen Bürokratie. Als die thailändische Regierung vor zwei Jahren die Strassenküchen in Bangkok verbot, musste sie bereits am nächsten Tag zurückkrebsen. Denn günstiger Street Food ist für die Bevölkerung Asiens unverzichtbar.

Und Kaiser Domitian? Hatte er Erfolg? Er wurde ermordet, nicht von einer zornigen Strassenköchin, sondern von freigelassenen Sklaven und Gladiatoren. Im Auftrag seiner Ehefrau Domitia Longina, die zu Recht um ihr Leben fürchtete.


© Englisch translation by Adrian McDonalds, KXan36, Dallas, USA


The Emperor Domitian, a paranoid Rambo Roman antiquity, not only led the war against Iranian horse-people, corrupt officials, atheists, lesbian priestesses, and gay senators, but also against the sealing stress in Rome’s streets.

The numerous food stalls difficult one to get Through. It was not the quality of the salted peas and vegetable soups, the drive to nearly the whole population of the street canteens, but the fact that it had under-layer in your small rental apartments have no fire for cooking and firewood was always reserved for the Wealthy. You wanted a hot meal, we had to rely on the privately operated food stalls.

food stalls spread along the trade routes. At large events like the Games in the Circus Maximus or the Olympic Games, the meat kebabs and pies were an indispensable part. During the construction of the Regensburg Cathedral 700 years ago steaming stalls of Sausages-served already “” the construction worker. Between two bread halves, the Snack bar was clamped later to the hot Dog.

The history of ancient food stalls up to the McDonald’s system gastronomy shows the changes in the diet of an increasingly mobile society.

As we imagine today to have less and less time and Google would have to how to fry an Egg, are the street kitchens in the Western world back in the Trend. You are breast-feeding goals, our longing for an exotic holiday, where Street Food is still in the city, like the time in ancient Rome.

Anger makes the free air-restaurateurs no longer the Emperor, but the sealing stress in the paragraph jungle of a regulation-happy bureaucracy.

the Thai government two years ago, the street kitchens in Bangkok ban, she had to cancers already back the next day. For more affordable Street Food for the population of Asia is indispensable.

And the Emperor Domitian? He had success? He was murdered not by an angry street cook, but of freed slaves and gladiators. On behalf of his wife, Domitia Longina, the feared right to your life.

040 Blick »Die Wetterhexe« dt./engl.

Zuerst kam der Regen. Neun Monate lang. Die Menschen klagten und beteten. Dann kam die Hitze, elf Monate lang, sie war ungewöhnlich stark, «glühend und schrecklich», wie ein Chronist im Jahr 1540 berichtete, mit Temperaturen von weit über 40 Grad. In Italien war es bereits im Winter wärmer gewesen als normalerweise im Hochsommer. Ganze Seen trockneten aus, in Basel konnte man an einigen Stellen den Rhein zu Fuss überqueren, Wälder brannten, Felder verkümmerten, Ernten fielen aus, das Vieh verendete auf den Weiden, in Europa verdursteten über zehntausend Menschen, viele kollabierten bei der Feldarbeit, die Nahrungsmittelpreise schossen in die Höhe, Mord und Totschlag waren die Folge.

In über 300 Chroniken wird Europas grösste Naturkatastrophe detailliert geschildert. Das meteorologische Phänomen übertraf alle späteren Hitzesommer bei weitem.

Da man damals davon ausging, dass alles im Leben einen Sinn hat und einer gewissen Logik folgt, suchte man nach einer Ursache. Wer war dafür verantwortlich? Wer zum Teufel hatte gesündigt? Wen hatte Satan als Werkzeug für diesen «Wetterzauber» benutzt? Das musste eine Hexe sein, die sich mit schwarzer Magie auskannte.

Die Wahl fiel auf die 50-jährige Prista Frühbottin. Sie verkehrte mit Menschen am Rande der Gesellschaft und gehörte somit zu den üblichen Verdächtigen. Am 29. Juni 1540 wurde sie in Wittenberg wegen angeblichem «Wetterzauber» und dem Vergiften der Weiden zusammen mit ihrem Sohn verhaftet. Sie wurden Opfer der damals populären Hexenprozesse. Zusammen mit zwei anderen «teuflischen Gesellen» schmiedete man sie an Eichenbalken. Sie wurden «geschmäucht und abgedörrt», bis nur noch ein Häufchen Asche übrig blieb.

Die angebliche «Wetterzauberin» erlangte eine gewisse Berühmtheit. Selbst Martin Luther erwähnte sie in einem Brief an seine Ehefrau und nannte die Hexenverbrennung «nichts Neues, weil auch in diesen Landen der Teufel tobt», und bezeichnete die Hinrichtung als «Gottes Strafe für die Verachtung seines lieben Wortes».

Es dauerte 473 Jahre, bis der Rat der Stadt Wittenburg Prista Frühbottin und ihre Familie rehabilitierte.


© Englisch translation by Adrian McDonalds, KXan36, Dallas, USA


First, the rain came. For nine months. The people complained and prayed. Then the heat came, for eleven months, she was unusually strong, “glowing and terrible,” as a chronicler in the year 1540 reported, with temperatures well over 40 degrees. In Italy, it was already warmer in the Winter than it normally is in the height of summer. All the lakes dried up, and in Basel one could cross in some Places the Rhine on foot, forests burned, fields, stunted Crops were lost, cattle dead in the pastures, in Europe, thousands of people, many collapsed working in the field of thirst and ten, the food prices shot up, murder and mayhem were the result.

In more than 300 Chronicles is described by Europe’s largest natural disaster in detail. The meteorological phenomenon exceeded all of the later heat of the summer by far.

Since it was at the time, that everything in life has a meaning and a certain logic follows, they looked for a cause. Who was responsible? Who the hell had sinned? Who had used Satan as a tool for “weather magic”? This had to be a witch who was familiar with black magic.

The choice fell on the 50-year-old Prista Frühbottin. You consorted with people on the margins of society, making it one of the usual Suspects. 29. June, 1540, she was arrested in Wittenberg due to alleged “weather magic” and the Poison of the pastures together with their son. They were victims of the then-popular witch trials. Together with two other “devious bachelor” was forged to oak beams. They were geschmäucht “and abgedörrt” until only a pile of ash remained.

The alleged “Weather witch” gained a certain notoriety. Even Martin Luther is mentioned in a letter to his wife and called to the witch-burning “is nothing New, because even in this Land of the devil is raging,” and described the execution as “God’s punishment for the contempt of his love word”.

It lasted for 473 years, until the Council of the city of Wittenburg Prista Frühbottin and your family rehabilitated.

Claude Cueni (63) is a writer and lives in Basel. He writes every second Friday of the VIEWS.

Interview, Buch, Salis Verlag 2019

Claude Cueni:

»Der Mensch ist stärker als er meint.«

 


Interview von Steven Schneider


 

Claude Cueni, warum lacht man, wenn es längst nichts mehr zu lachen gibt?

Einige haben den Rhythmus im Blut, ich vielleicht den Humor. Mir fällt einfach immer ein ironischer Aspekt ein, eine Pointe, ein Wortspiel, in zahlreichen Alltagssituationen steckt eine Menge Komik. Mir fällt das sofort auf und ich speichere ab.

 

Worüber können Sie lachen?

Über mich. Ich gehöre nicht zu den Autoren, die sich furchtbar ernst oder gar zu ernst nehmen.

 

Lebt es sich besser mit dem Tod vor Augen?

Besser sicher nicht. Aber anders. Man ist auf den Augenblick fokussiert. Es ist ein eigenartiges Gefühl, wenn die Zukunft abhandenkommt. Es ist ein Wechsel zwischen Gelassenheit und Gleichgültigkeit.

 

Würden Sie es als Wunder bezeichnen, dass wir uns überhaupt unterhalten können?

Nein, ich glaube nicht an Wunder. Dass ich wider Erwarten noch am Leben bin, verdanke ich nicht einem unsichtbaren Freund, sondern der modernen Medizin, der hämatologischen Abteilung des Basler Uni-Spitals und einem anonymen Knochenmarkspender.

 

Wie würden Sie es dann bezeichnen, dass Sie nach dem vermeintlichen Schlusspfiff eine Verlängerung geschenkt bekommen haben? Glück, Schicksal?

Der Glauben an ein Schicksal mag tröstlich sein, weil er uns von jeder Schuld freispricht, aber es ist auch die Weigerung, Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß nicht, wieso ich noch am Leben bin. Nennen wir es also einen glücklichen Zufall.

 

Und dank dieses glücklichen Zufalls können Sie nun weiter Verantwortung übernehmen. Wofür?

Als Vater tragen Sie lebenslänglich Verantwortung. Das bedeutet nicht, dass sie ihren Kindern reinreden, das bedeutet, dass Sie immer für sie da sind. Ich bin auch dafür verantwortlich, dass es meiner Frau nach meinem Tod weiterhin gut geht. Auch ohne mich.

 

Glauben Sie, dass Ihre Geschichten, die Sie in die Welt hinausschicken, auch ein Hilfsangebot sind?

Einige Leserinnen und Leser sehen das tatsächlich so. Seit meinem autobiografischen Roman Script Avenue, schreiben mir viele Leute, die schwer erkrankt sind oder andere schwerwiegende Schicksalsschläge zu meistern haben, zum Teil viel schwierigere als meine. Für diese Menschen ist es schön, mit jemandem in Kontakt zu treten, der Ähnliches durchstehen muss und nicht aufgibt. Wenn es geht, besuche ich sie auch im Spital, falls es mit dem Taxi erreichbar ist. Aus Brasilien erhielt ich einmal eine Mail von einem Spastiker, der mir dankte, weil die Figur des jungen, spastischen Kelten in Cäsars Druide/Gold der Kelten ihn motiviert hatte, sich aufzuraffen und wieder Arbeit zu finden. Nach Das Grosse Spiel schrieben mir auffallend viele gescheiterte Unternehmer, dass sie dank meinem Romanhelden John Law ihre Firmenpleite überwunden und wieder Mut gefasst haben.

 

Ein detailreiches Buch über den Begründer der modernen Finanzwirtschaft, das jetzt auch als Serie in Deutschland verfilmt wird. War Ihnen eigentlich bewusst, dass, wie John Law, Ihre Figuren eine derart starke Wirkung auf andere haben können?

Nein, sicher nicht. Ich habe keine Botschaft. Aber ironischerweise schöpfe ich heute Kraft aus Romanfiguren, die ich selbst erschaffen habe.

 

Welche Romanfigur aus Ihrem Universum bringt Sie zum Lachen?

Wenn Onkel Arthur in der Pacific Avenue den Ich-Erzähler anschreit: »Hat dir jemals eine Romanfigur die Fresse poliert?«, kann ich immer noch darüber lachen. Eigentlich erheitern mich alle meine Figuren immer wieder, auch im Alltag liegt eine Menge Situationskomik, man muss nur beobachten, genau zuhören und später die schrägen Szenen mit einer gewissen Ernsthaftigkeit beschreiben, lachen sollen die Leser.

 

Bei Ihnen klingt es so, als sei gutes Schreiben ein Kinderspiel.

Meine Produktivität ist keine besondere Leistung. Es ist vielleicht ein Akt der Verzweiflung, vielleicht eine chronische Zwangserkrankung. Wahrscheinlich beides. Als ich die Script Avenue schrieb, träumte ich oft Pulp-fiction-mäßige Szenen oder Slapstick-Dialoge und lachte im Schlaf. Dann wachte ich abrupt auf und setzte mich an den Computer. Das ist völlig normal, wenn man sich rund um die Uhr in seiner eigenen fiktiven Welt bewegt. Meine Frau imitiert mich dann beim Frühstück und wir blödeln herum. Aber ich rechne es ihr hoch an, dass sie mich nachts nie aufweckt. Denn Sie weiß: Ich arbeite.

 

Woher nehmen Sie die Kraft, trotz Zerfall und Schmerzen großartige Bücher zu schreiben?

Ich wuchs in einem religiösen und gewalttätigen Irrenhaus auf und flüchtete in eine Phantasiewelt, in die Script Avenue. Ich musste enorm viel Kraft und Mut aufbringen, um dieser finsteren Welt zu entfliehen und in eine neue Welt einzutreten, die mir kaum bekannt war. Ich habe mein Leben von da an stets als sportliche Herausforderung gesehen. Never give up. Mein Freiheitsdrang war enorm. Jedes erfolgreich gemeisterte Hindernis gab mir Mut, auch höhere Herausforderungen durchzustehen.

 

Sie scheinen sehr leidensfähig zu sein.

Ja. Kommt hinzu, dass ich mich fast ein Leben lang mit dem Alltag in den verschiedenen Epochen beschäftigt habe, um meine historischen Romane möglichst authentisch niederzuschreiben. Hunger, Krieg, Armut, Krankheit und Tod waren alltäglich. Ich habe von den damaligen Zeitgenossen viel gelernt.

 

Zum Beispiel?

Verglichen mit früher sind wir heute eine wehleidige, selbstverliebte Schneeflöckchen-Gesellschaft, die nichts mehr aushält, schnell aufgibt und nach immer mehr staatlicher Bemutterung ruft.

 

Schlechte Aussichten für uns.

Nun, der Mensch ist stärker als er meint, sonst wäre unsere Spezies längst ausgestorben. Man muss akzeptieren, dass das Leben nie gerecht ist, weder im Guten noch im Bösen.

 

Ich persönlich finde es eine schöne Vorstellung, dass es im Leben gerecht zugeht.

Wieso sollte es gerecht sein? Es gibt keine höhere Instanz, die für Recht und Ordnung sorgt. Nach dem großen Erdbeben 1755 in Lissabon fragten sich die Leute: Wenn es einen allmächtigen Gott gibt, der eingreifen möchte, aber nicht kann, dann ist er impotent. Könnte er eingreifen, tut es aber nicht, dann ist er bösartig.

 

Ist man ehrlicher, wenn man dauernd an seine Endlichkeit erinnert wird?

Ja, natürlich. Das ist auch befreiend. Ich bin sicher direkter geworden, aber versuche stets dabei freundlich zu bleiben. Es ist der Ton, der die Musik ausmacht.

 

Ihre beiden autobiografischen Romane sind, um bei der Musik zu bleiben, vielschichtige Symphonien. Darin  entsteht ein irres Universum, brüllend komisch, höchst tragisch. Am Schluss der Script Avenue schreiben Sie: »Da es mein letztes Buch sein wird, soll es mein bestes werden. Es soll ein ehrliches Buch werden. Authentisch. Nicht alle werden es mögen.« Es wurde trotzdem ein Bestseller.

Gute Geschichten entstehen nun mal nicht im Schlaraffenland. Je beschissener die Biografie, desto besser das Buch. Das ist ein Glück für die Leser, aber Pech für den Autor.

 

Sie könnten wohl auch das Sterben zur Komödie machen.

Als mir der Arzt anhand einer Grafikkurve zeigte, wie meine Lunge kontinuierlich von den fremden Blutstammzellen abgestoßen wird, dachte ich mir: »Wenn das jetzt ein Aktienkurs wäre, ich müsste die Aktie sofort verkaufen.« Mir fallen auch in solchen Situationen stets heitere Dinge ein, sofern es mich alleine betrifft. Ich kann nichts dagegen tun, ich bin mein eigener Hofnarr geworden.

 

Und dieser Hofnarr hilft Ihnen zu überleben?

Zum Überleben hilft eher der Rückzug in die eigene Phantasiewelt. Bei mir war es eben diese fiktive Script Avenue meiner Kindheit. Sie war die einzige Möglichkeit einer bedrohlichen Umgebung zu entkommen. Aber auch ich erreiche manchmal meine rote Linie. Wenn man plötzlich in der Nacht Atemnot kriegt, Muskelkrämpfe oder Nervenschmerzen hat, völlig übermüdet ist, dann braucht es viel Disziplin, um das durchzustehen. Es gibt Autoren, die behaupten, sie bräuchten ideale Bedingungen zum Schreiben. Ich kann darüber nur lachen.

 

In der Pacific Avenue sagen Sie: »Gesunde legen die Latte zum Suizid manchmal ziemlich tief. Wird man ernsthaft krank, verschiebt man sie etwas nach oben und noch etwas nach oben, denn man begreift, dass das Leben einmalig ist, dass es keine zweite Chance gibt und dass eine Existenz voller Schmerzen und Einschränkungen immer noch besser ist als keine. Tote trinken im Sommer keine eisgekühlte Cola mehr.« Sie waren schon mehrmals auf der Kippe zum Tod. Kann man nachher einfach normal weiter machen?

Nein, man verliert das Urvertrauen in das Leben. Ein Alltag unter dem Damokles-Schwert ist zermürbend, aber ich habe eine großartige Frau an meiner Seite, die mich mit ihrer Lebensfreude und Zuneigung wieder auf andere Ideen bringt. Ich fokussiere auf das Jetzt. Seneca sagte, das Leben ist lang genug, wenn man es richtig nutzt. Ich versuche es, das Leben ist einmalig und äußerst interessant. Man muss nicht hadern, sondern schätzen, was immer noch möglich ist. Lesen und Schreiben und am Wochenende ein Glas Bordeaux und die Frühlingsrollen meiner Frau.

 

Sind Sie nie neidisch auf andere gleichaltrige oder gar ältere Männer, die bei bester Gesundheit sind?

Nein, Neid war mir schon als Kind absolut fremd. Der Erfolg der andern hat mich stets angespornt. Ich freue mich, wenn andere in meinem Alter noch topfit sind. Was hätte ich davon, wenn sie genauso krank wären wie ich? Nichts. Und Neid auf Materielles ist etwas für faule Menschen. In Asien werden erfolgreiche Menschen bewundert, sie spornen an, in unserer Neidkultur kommt gleich der Rasenmäher.

 

Was ist schöner: Liebe zu geben oder geliebt zu werden?

Als Kind will man geliebt werden, als verliebter Teenager schenkt man Liebe, entzieht sie aber auch wieder, als Vater stellt man sich zurück und schenkt bedingungslose Liebe und im reiferen Alter gelangt man zur Erkenntnis, dass Schenken mehr Freude bereitet als Beschenktwerden. Sofern man ein bisschen Weisheit erlangt hat.

 

Ihre erste Frau ist 2008 an Krebs verstorben, nachdem Sie sie viele Monate zu Hause gepflegt hatten.

Es war eine unmenschliche Aufgabe, 24 Stunden am Tag, aber meine Frau bestand darauf, dass nur ich sie pflege. Ich weiß nicht, ob ich es heute wieder tun würde. Aber wahrscheinlich schon. Nach ihrem Tod war ich am Boden zerstört, mein Immunsystem im Eimer, ich hatte ständig Entzündungen und ein Jahr später Leukämie. Für meinen Sohn war es besonders schwierig, weil er innert kurzer Zeit auch noch seine beiden Großeltern verloren hatte. Und der Hund war ebenfalls gestorben. Ich nahm einen Tag nach dem andern und vermied, in die Zukunft zu schauen. Ich habe nicht damit gerechnet, mich erneut zu verlieben. Ich las das Herbstgedicht von Rilke: »Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.« Ich dachte, so wird es wohl sein.

 

Aber so war es natürlich nicht, wenn man die Script Avenue gelesen hat.

Ich flog mit meinem Sohn nach Hongkong. Ich hatte ein Jobangebot im Advisory Board einer börsennotierten Computerspiel-Firma. Mein Sohn traf eine junge Chinesin, seine jetzige Frau, und ich lernte eine Filipina kennen, meine heutige Ehefrau Dina. Als sie ein Jahr später erstmals in die Schweiz flog, lag ich bereits in einem Isolierzimmer der Hämatologie mit tellergroßen blauen Flecken am Körper. Ich sagte Dina, ich würde die nächsten Wochen nicht überleben, es sei besser, zurückzufliegen, ich bot ihr eine hohe Summe an, damit sie auf den Philippinen ein Business eröffnen kann. Doch sie sagte, in ihrer Kultur würden die Frauen nicht davonlaufen, das täten nur die Männer. Und im Augenblick würde ich ja noch leben und für sie zähle nur das Jetzt. Wir haben heute eine tiefe und sehr harmonische Beziehung und nehmen es mit Humor, dass sich einige Leute wegen des Altersunterschieds den Hals verrenken. Je kleiner die Stadt, desto grösser die Verrenkung.

 

Was liebt Ihre Frau an Ihnen?

Sie bringen mich in Verlegenheit, ich frage gescheiter meine Frau. (…) Also, sie sagt, ich sei ein einfacher Mensch, sehr lieb, unkompliziert und nie böse, selbst wenn ich große Schmerzen habe. Und sie liebe meinen Humor. Sie nennt mich abwechselnd Honey Bunny oder Warren Buffett.

 

Ihre beiden Kosenamen machen mich neugierig.

Wir hatten uns in Hongkong zusammen Pulp Fiction angeschaut. In der Eröffnungsszene sagt die Figur Honey Bunny »I love you, Pumpkin«, und Pumpkin antwortet: »I love you Honey Bonny.« Und dann springt er auf den Tisch und schreit: »Everybody be cool this is a robbery!« War ein kleiner Scherz, den wir uns nicht mehr abgewöhnen konnten. Den Namen »Warren Buffett« erhielt ich, weil ich seit Jahren mit Börsengeschäften Geld verdiene.

 

Was lieben Sie an Ihrer Frau?

Ihre Lebensfreude, ihre Herzenswärme, ihre mentale Stärke, ihren Wissensdurst, ihre Geduld, ihre Cleverness, ihre Lebensphilosophie und natürlich, dass das Leben mit ihr so unkompliziert und harmonisch ist. Beinahe hätte ich ihre außerordentlichen Kochkünste vergessen.

 

Ihre Spezialität?

Es gibt Leute, die stundenlange Fahrten in Kauf nehmen, um bei ihr zu essen. Ihre Spezialitäten sind Teriyaki Beef, Adobong Manok, Pankit, scharfe Springrolls und ihr Cassava Cake, ein Dessertkuchen aus der Wurzelknolle der Maniokpflanze und Macapuno, einem weichen Kokosfleisch. Nicht zu verachten sind auch ihre Karaoke-Einlagen während des Kochens.

 

Hitverdächtig.

Es ist kein Zufall, dass überall auf der Welt zierliche Filipinas mit Reibeisenstimmen Musik-Casting-Shows gewinnen. Sie singen mit soviel Herzblut, als ginge es um Leben und Tod. 

 

Macht Ihre Frau aus Ihnen einen besseren Menschen?

Meine erste Frau, die ich als Teenager kennenlernte, hat mich ohne Zweifel sozialisiert, später auch domestiziert und während ihrer langjährigen Krebserkrankung tyrannisiert. Dina bringt enorm viel Lebensfreude in meinem Alltag, sie macht mich glücklich und glückliche Menschen sind oft auch bessere Menschen, weil sie zufrieden sind. Dina verdanke ich sehr viel. Trotz Krankheit, habe ich heute das bessere Leben.

 

Wie unterscheiden sich Frauen von Männern?

Ich bin nicht Experte. Man sollte auch nicht verallgemeinern. Ich erzähle deshalb nur über meine Erfahrungen nach dem Tod meiner ersten Frau und den sechs Monaten auf der Isolierstation: Die meisten Kollegen hatten nicht wirklich Eier. Wenn sie einen Schnupfen haben, rufen sie den Notarzt und wenn ein Kollege schwer erkrankt, machen sie sich aus dem Staub, schämen sich später und getrauen sich deshalb nicht mehr Kontakt aufzunehmen, wenn man wider Erwarten überlebt hat. Frauen sind anders. Nicht alle, aber generell sind sie mental stärker, treuer, sie laufen nicht davon.

 

Was ist Liebe?

Bedingungsloses Vertrauen und Vertrautheit, Heimat.

 

Haben Sie auch Ihrer Frau wegen überlebt?

Das hat mir der Oberarzt der Hämatologie schon mehrmals gesagt, aber ich dachte stets, weder ich noch Dina haben Einfluss auf den Bürgerkrieg in meinem Körper und wir könnten lediglich die Art und Weise beeinflussen, wie wir damit umgehen. Aber mittlerweile muss ich meinem Arzt recht geben, ich denke nicht, dass ich ohne Dina so lange überlebt hätte.

 

Welche Figur in Ihrer Script Avenue macht Ihnen etwas vor in Sachen Liebe?

Maricel. Maricel ist Dina. Und ich verliebe mich als Romanfigur in Maricel. Die Szenen habe ich besonders gerne geschrieben und dabei ein paar Tränen vergossen. Tja, ein Autor, der von seiner eigenen Geschichte überwältigt wird und die Tastatur wässert, ist natürlich auch Stoff für eine Komödie. Im neuen Roman Der Mann, der Glück brachte verliebt sich der Ich-Erzähler in eine Elsässerin, doch es ist natürlich immer Dina, in die ich mich erneut verliebe. 

 

Worauf kommt es an im Leben?

Zu Lebzeiten ist das individuell verschieden. Wenn das Ende naht, bedauert man, dass man soviel Lebenszeit mit idiotischen Dingen verbracht hat, dass man zu viel gearbeitet und den Freundeskreis zu wenig gepflegt hat. Es stirbt sich leichter, wenn man mit einer gewissen Befriedigung auf sein Leben zurückschauen kann, wenn man weiß, dass man schwierige, aber lösbare Aufgaben gemeistert hat, wenn man einige Träume realisiert und das Leben anderer Menschen signifikant verbessert hat. Denn nach dem Tod heißt es schon bald »aus den Augen, aus dem Sinn«, man wird schnell vergessen, sofern man keine Schulden hinterlassen hat. Überleben tut man nur im Gedächtnis der Menschen, die man geliebt hat oder denen man Gutes getan hat. Aber auch das erlischt mit der Zeit wie alles im Leben. Und am Ende spielt eh alles keine Rolle, weil Tote keine Erinnerung haben.

 

Was soll auf Ihrem Grabstein stehen?

Ich will keinen Grabstein. Ich will auch kein Land zum Vermodern beanspruchen. Ich will kremiert werden. Meine Frau und mein Sohn werden sich die Asche teilen, wobei sie sich noch nicht im Klaren sind, wer die Arme und wer die Beine kriegt.

 

Sterben und sterben lassen

Die Weltwoche publizierte kürzlich einen kritischen Artikel zur Sterbehilfe. Das Problem dabei: Ein gesunder Mensch kann nicht fundiert über das Thema urteilen. Niemand hat das Recht, mir vorzuschreiben, wie ich mein Leben beenden soll.

Von Claude Cueni

Mein Sohn hat mir abgeraten, diesen Beitrag zu schreiben. Er meint, ich würde in der Öffentlichkeit langsam als «Autor wahrgenommen, der niemals stirbt». Mein Sohn ist nicht nur das Beste, was mir jemals im Leben passiert ist, er ist auch seit einem Vierteljahrhundert mein fähigster Lektor, meine zuverlässige second opinion. Als Jurist und Strafrichter hat er eine andere Sicht der Dinge.

Ich zögerte noch aus einem anderen Grund, diesen Beitrag zu schreiben. Weil ich Matthias Ackeret zustimme, wenn er in seinem kritischen Artikel zur Sterbehilfe schreibt: «Dass ein alter, krebskranker Mensch, der dem Tod geweiht ist, sich für die Sterbehilfe entscheidet, ist nachvollziehbar.» Also machte eine Replik wenig Sinn. Ich hätte höchstens angefügt, dass es auch nachvollziehbar ist, wenn es sich um einen lediglich mittelalterlichen, krebskranken Mann handelt.

Was solche Debatten erschwert, ist stets der Umstand, dass jeder von einem anderen Fallbeispiel ausgeht. Ackeret legt den Fokus auf einen eher seltenen Fall: eine mehr oder weniger gesunde Frau, die sich entschied zu sterben. Den gibt es natürlich auch, aber er ist die Ausnahme.

Mut zum Weiterleben

Rico Bandle bat mich ein paar Tage später, meine Absage nochmals zu überdenken und einen Text zu schreiben, der meine eigene Situation beschreibt. Ich mag meine eigene Geschichte nicht mehr hören, und vielen Leserinnen und Lesern geht es vielleicht ähnlich. Aber als er mich fragte, ob sich denn ein Gesunder fundiert zum Thema Sterbehilfe äussern könne, setzte ich mich an den Computer.

Als ich im Herbst 2009 an Leukämie erkrankte und die Überlebenschancen gering waren, holte ich in Frankreich eine Zweitmeinung ein. Der Arzt meinte, an einer Leukämie zu sterben, sei kein schöner Tod und es sei in diesem fortgeschrittenen Stadium nicht falsch, das Leben zu beenden. Ich kontaktierte vom Spitalbett aus diverse Sterbehilfeorganisationen. Bei einem Verein hatte ich den Eindruck, es ginge um einen Termin für eine Fensterreinigung: «Wann können wir anfangen?» Grosses Vertrauen setzte ich hingegen in Frau Dr. med. Preisig von Lifecircle. Sie war die Einzige, die um meine vollständige Krankenakte bat, diese ausgiebig studierte und mich dann in einem dreistündigen Gespräch davon abhielt, voreilig zu handeln. Sie entsprach in keiner Weise dem negativen Bild, das die Medien von ihr zeichnen. Sie hat auch nie über Geld gesprochen oder um ein Honorar gebeten. Abschliessend sagte sie, sie sei einfach da, wenn es nicht mehr ginge. Eine Sterbehelferin, die Mut zum Weiterleben macht? Ja, das ist Frau Dr. med. Preisig.

Ich lebe wahnsinnig gerne. Das Leben ist hochinteressant. Wenn ich um zwei Uhr morgens aufstehe (unfreiwillig), freue ich mich, auf dem iPad die News der internationalen Presse zu lesen. Über Whatsapp erhalte ich täglich ein berührendes Video meiner Enkelin. Sie ist acht Wochen alt, ich will sie aufwachsen sehen. Wenn meine Frau um fünf in mein Arbeitszimmer kommt, umarmen wir uns nach zehn Jahren immer noch wie Frischverliebte. Wir haben es gut miteinander. Ich habe ein wunderbares Leben. Ich bin umgeben von humorvollen Menschen, ich mag Ironie, Sarkasmus und eine Prise Zynismus, Lachen ist eine gute Medizin.

Therapiebedingte Langzeitschäden

Im letzten Herbst setzte der Bürgerkrieg in meinem Körper wieder ein. Seit der leukämiebedingten Knochenmarktransplantation stossen die fremden Blutstammzellen meine Organe ab. Nach zehn Jahren sind sechzig Prozent der Lunge irreversibel zerstört. Mir reichen vierzig Prozent zum Schreiben. Zum Treppensteigen hätte ich gern ein bisschen mehr.

Je länger man eine solche Krankheit überlebt, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von therapiebedingten Langzeitschäden. Wie zum Beispiel die Polyneuropathie. Wenn Sie an gewissen Tagen einen Buchstaben in die Tastatur tippen, ist es so, als hätte der Zahnarzt einen Nerv getroffen. Ich musste deshalb mit Schreiben aufhören. Ich schrieb in meinem autobiografischen Roman «Script Avenue»: «Solange ich schreibe, werde ich nicht sterben.» Das gab mir zu denken.

Die Polyneuropathie begann bereits vor einigen Jahren. Zuerst verklebten nur die Fussgelenke, und es gab immer weniger Tage und Nächte, in denen ich nicht von Muskelkrämpfen und Nervenschmerzen gepeinigt wurde. Dauererschöpfung. Atemlos durch die Nacht. Aber ohne Helene Fischer.

Meine Wohnung gleicht heute einer Krankenstation. Manchmal möchte ich einschlafen und nie mehr aufwachen. Aber ich steige immer noch jeden Morgen auf mein Fitnessvelo, mache Kraftübungen und singe eine Stunde lang die Oldies und Chansons der siebziger Jahre. Singen ist gut für die Lunge, und man kann nicht gleichzeitig «Aux Champs-Elysées» singen und Trübsal blasen. Das Leben unter dem Damoklesschwert ist anspruchsvoll, es braucht Disziplin und Wille.

Bereits an Weihnachten 2017 musste ich mit einem schweren Lungeninfekt ins Spital. Die Behandlung wurde schwierig, weil ich noch den Rotavirus auflas. Als man mich in einem kritischen Zustand auf die Intensivstation verlegen wollte, warf ich das Handtuch. Ich rief Frau Dr. med. Preisig an, sie war im Urlaub und bereit, diesen zu unterbrechen. Wir vereinbarten den 13. Januar 2018. Meine Frau brachte mich mit einem Sauerstoffkonzentrator nach Hause und wurde meine Tag- und Nachtschwester. Die nächsten fünf Tage verbrachte ich meistens auf dem Klo. Als der Virus erledigt war, begannen die Lungenmedikamente zu wirken. Ich kriegte nochmals die Kurve, zum dritten Mal innerhalb von zehn Jahren. Ich hatte überlebt, aber auf einem nochmals tieferen Niveau.

Mangel an Empathie?

Die Gewissheit, dass ich das Leiden im allerschlimmsten Fall abkürzen kann, macht mein Martyrium erträglich. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den kaum ein Gesunder versteht. Ohne Handbremse würde kein Mensch in ein Auto steigen. Frau Dr. med. Preisig verdient deshalb für ihre Arbeit höchste Wertschätzung.

Wenn sich gesunde Leute über Sterbehilfe äussern, haben sie kaum eine Ahnung, wie tief man ins Elend abrutschen kann, wenn Schmerzen schwer kontrollierbar und Heilungsaussichten ausgeschlossen sind. Ist es ein Mangel an Vorstellungsvermögen oder ein Mangel an Empathie?

Meine erste Frau starb nach vierzehnjähriger Krankheit an Krebs. Sie hatte sterben wollen wie ihre geliebten Hunde. Ihr Arzt hielt sie davon ab, er sagte, heute sterbe man schmerzfrei. Meine Frau hatte bis zuletzt Schmerzen, die Morphiumspritzen behinderten die Atmung. Ihr Arzt meinte später, sie hätte sich ins künstliche Koma versetzen lassen sollen, dann wäre sie schmerzfrei gestorben.

Auf den Tod warten ist definitiv nicht mein Ding. Als mein Vater vor einigen Monaten mit 95 im Sterben lag, fragte er mich bei jedem Besuch: «Was mache ich eigentlich hier? Auf den Tod warten?» Ich habe ihm nie geantwortet. Es war seine Entscheidung.

Ich bin leidensfähig, sehr sogar, ich bilde mir ein, ich sei ein schwerverletzter römischer Legionär vor Alesia. Ich kann mich gut mit fiktiven Figuren identifizieren. Tragikomische Szenen bringen mich zum Lachen, manchmal zum Weinen. Ich bin längst mein eigener Hofnarr geworden.

Ich habe mittlerweile mein Ableben sowohl mit meinem Arzt als auch mit meiner Familie besprochen. Mein Sohn und meine Frau werden sich die Asche teilen, wobei noch nicht klar ist, wer die Arme und wer die Beine kriegt.

An der Schwelle zum Tod

Ich liebe das Leben unglaublich, ich werde nicht leichtfertig aufgeben, ich bin es meiner Familie schuldig, ich bin es auch den Ärzten und dem gesamten Pflegepersonal schuldig. Sie haben sich enorm um mich bemüht und mir ein Leben in der Verlängerung geschenkt. Auch wenn die Zukunft abhandengekommen ist.

Je kürzer meine Lebenserwartung wird, desto mehr geniesse ich die Natur. Bücher verlieren an Bedeutung. Was überlebt, sind die Gene und die guten Taten.

Die Gerüchte über meinen baldigen Tod sind etwas verfrüht. Denn ich habe wieder mit Schreiben begonnen, bin an der letzten Überarbeitung meines neuen Romans. Ich glaube an die Fortschritte der Medizin, walking dead wird zur chronischen Erkrankung.

Ich werde immer wieder gefragt, ob man an der Schwelle zum Tod nicht doch noch religiös wird. Als Teenager bezeichnete ich Gott als Sankt Nikolaus für Erwachsene. Heute halte ich Religion für die grösste Betrugsgeschichte der Menschheit, für eine groteske Form des Aberglaubens. Manchmal schreiben mir Leute anonym, der liebe Gott bestrafe mich. Aber es sterben leider auch Babys an Leukämie, bevor man ihnen Religiosität wie eine Schluckimpfung verabreicht.

Wenn ich eines Tages das Palliativstadium erreiche, werde ich es akzeptieren, und niemand hat das Recht, mir vorzuschreiben, wie ich das Leben beenden soll. Dieser Niemand ist nicht derjenige, der mir um zwei Uhr morgens beisteht, wenn ich mich wie Kafkas Käfer vor lauter Krämpfen und Nervenschmerzen nicht mehr selber aufrichten kann. Wenn ich es eines Tages beenden muss, dann wird es kein Suizid sein, sondern Schmerzbefreiung mit Todesfolge. Wieso soll ein vernünftiger Mensch ausgerechnet das Sterben dem Zufall überlassen?

Leben und leben lassen. Sterben und sterben lassen. Jeder Film geht einmal zu Ende. Ist das etwa ein Grund, den Film nicht anzuschauen? Ich habe akzeptiert, dass jedes Leben ein Verfalldatum hat. Wie jedes Mandarinenjogurt auch. Seneca sagt, das Leben sei nicht zu kurz, wenn man es richtig genutzt habe. Das ist so, no bad feelings.

© Die Weltwoche vom 25. April 2019
 
 
 

39 Blick »Zu wenig Planet« dt./engl.

 


© Blick 28. Juni 2019 / Folge 39


Vor rund 70’000 Jahren schrumpfte die Weltbevölkerung aufgrund eines Temperatursturzes auf einige Tausend Exemplare. Nach der erneuten Klimaerwärmung hatte der Mensch die Möglichkeit, sesshaft zu werden, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, Vorräte anzulegen und sich fleissig zu vermehren.

Als Julius Cäsar die Helvetier bei Bibracte zur Umkehr zwang, lebten bereits rund 250 Millionen Menschen auf der Erde, zu Beginn des 17. Jahrhunderts waren es 500 Millionen. Ernteausfälle, Hungersnöte, Seuchen und Kriege verhinderten einen weiteren Zuwachs. Das änderte sich im 19. Jahrhundert dank der industriellen Revolution, Fortschritten in der Medizin und Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft.

Als Winston Churchill 1965 starb und die Rolling Stones die Berliner Waldbühne zertrümmerten, hatte sich die Weltbevölkerung auf rund 3,3 Milliarden mehr als versechsfacht. Heute zählt die Uno 7,7 Milliarden und sagt für 2050 9,7 Milliarden voraus.

Es versteht sich von selbst, dass alle umwelt- und klimapolitischen Massnahmen verpuffen, wenn die Weltbevölkerung in diesem Tempo weiterwächst.

Mehr Menschen verbrauchen mehr Ressourcen. Ein Mangel führt zu Krieg. Ein Überschuss an jungen Männern sowieso.

Weltweit hat eine Frau im Schnitt 2,5 Geburten, in Afrika sind es 4,4. Hätten diese Frauen die Wahl, schreibt die Gates-Stiftung, wäre das Bevölkerungswachstum um dreissig Prozent reduziert. Doch wegen Armut, mangelnder Bildung und weil in etlichen Drittweltländern Kinderreichtum ein Statussymbol ist, sind viele Bemühungen vergebens. Während in Grossbritannien 92,6 Prozent aller Frauen Verhütungsmittel benutzen, sind es im Südsudan lediglich 4 Prozent. Bill Gates sagt: «Kein Geld dieser Welt kann Afrika retten, nur Geburtenkontrolle.»

Im Gegensatz zur privaten Entwicklungshilfe zerstören staatliche Hilfsmassnahmen aus dem Westen oft das einheimische Gewerbe, füllen die Taschen korrupter Regierungen und besänftigen das schlechte Gewissen der Geberländer. An der demografischen Entwicklung ändert sich nichts.

Ein Uno-Botschafter nennt sie deshalb eine «tickende Zeitbombe». Das ist nicht Science-Fiction, das ist Mathematik.


column by Claude Cueni about the population growth

Translation by Adrian McDonald


In Front of around 70’000 years, the world population shrank due to a temperature fall to a few Thousand copies. After re-warming the person had the opportunity to settle down to grow Crops and livestock, inventories and multiply diligently.

When Julius Caesar forced the helvetii at Bibracte to repentance, lived around 250 million people on the earth, at the beginning of the 17th century. Century, there were 500 million. Crop failures, famines, pestilence and wars prevented a further increase. This changed in the 19th century. Century thanks to the industrial Revolution, advances in medicine and increases in yield in agriculture.

died As Winston Churchill in 1965 and the Rolling Stones, the Berlin forest stage smashed, had six times the world’s population, approximately 3.3 billion more than. Today, the UN counts 7.7 billion, and predicts that by 2050, 9.7 billion.

It goes without saying that all of the environmental and climate fizzle policy measures, when the world population is growing at this rate.

more and More people consume more resources. A deficiency leads to war. A Surplus of young men anyway.

in the World, a woman on average has 2.5 births in Africa is 4.4. These women had the choice, writes the Gates Foundation, would be to reduce the population growth of thirty percent. However, due to poverty, lack of education and because in many third world countries, children are wealth, a status symbol, are a lot of efforts in vain. While in the UK, 92.6 percent of all women use contraception, in South Sudan, only 4 per cent. Bill Gates says: “No money in the world can save Africa, only birth control.”

In contrast to the private development aid destroy the state aid measures from the West, often the local business, filling the pockets of corrupt governments and appease the bad Conscience of the donor countries. To the demographic development, nothing will change.

A UN Ambassador she calls, a “ticking time bomb”. This is not Science Fiction, this is mathematics.

38 Blick »Nach uns die Sintflut« dt./engl.


Claude Cueni about the destruction of the environment

Translation: Adrian McDonalds

“is Constantly tormented of the earth,” said the Roman officer Pliny, as he had to watch as a mine Manager, as slaves in Spanish mines, the Rock is perforated, until it crashed like a porous bone and down to the valley thundered. “As the winner, you can look to the fall of nature.”

Around eighty thousand tons of lead picked up by the Romans every year, from the ground to water pipes and kitchenware, although you could detect the toxicity of yellow-grey skin of the miners. Also for the manufacture of linen dresses you used toxic substances, many of the workers died of lung cancer and tuberculosis. Waste disposed of in rivers, how is that even today in many third world countries. The expanding settlements they cleared all the forests, the eroded soil, Floods were the result.

the stench in the streets

That dirty air, rivers full of feces and contaminated soil make people sick, and then we knew already in ancient Rome. You got annoyed, but mostly about the putrid stench that wafted through the alleys.

Pliny wrote: “We are poisoning yourself what makes us live.” He came to the conclusion that the human nature is detrimental for so long, until it hurt him.

this Is so? In the 20-million metropolis of New Delhi, the toxic exceed on some days steam the of the WHO set the red line to the fifty-fold. Often the Smog engulfs the lunch time, the sun’s light. In the list of the cities with the highest air pollution, we find six Indian cities. However, the country has excellent engineers, physicists, and chemists.

nature exploiters and anti-social

Also in lung surgeons report an increase in the number of broken lungs. While the climate is still about the causes will be discussed, the opinions on the subject of environmental pollution are unanimous.

In their After-me-the-deluge mentality of different industrial natural exploiters of anti-social, leave their garbage everywhere. Improvement is not in sight. More likely, the optimization of the human genome is more likely, so that man is similarly resistant as the rats of Chernobyl.

 


Nach uns die Sintflut

«Ständig wird die Erde gequält», klagte der römische Offizier Plinius, als er als Minenverwalter mitansehen musste, wie Sklaven in spanischen Bergwerken den Fels durchlöcherten, bis er wie ein poröser Knochen zusammenkrachte und ins Tal hinunter donnerte. «Wie Sieger blicken sie auf den Sturz der Natur.»

Rund achtzigtausend Tonnen Blei holten die Römer jedes Jahr aus dem Boden, um Wasserleitungen und Geschirr herzustellen, obwohl man die Giftigkeit an der graugelben Haut der Bergarbeiter erkennen konnte. Auch für die Herstellung von Leinenkleidern benutzte man giftige Stoffe, zahlreiche Arbeiter starben an Lungenkrebs und Tuberkulose. Abfälle entsorgte man in Flüssen, wie das heute noch in vielen Drittweltländern üblich ist. Die expandierenden Siedlungen holzten ganze Wälder ab, der Boden erodierte, Überschwemmungen waren die Folge.

Dass Dreckluft, Flüsse voller Fäkalien und verseuchte Böden die Menschen krank machen, wusste man bereits im alten Rom. Man ärgerte sich aber vor allem über den fauligen Gestank, der durch die Gassen wehte.

Plinius schrieb: «Wir vergiften selbst das, was uns leben lässt.» Er kam zum Schluss, dass der Mensch der Natur so lange schadet, bis sie ihm selbst schadet.

Ist das so? In der 20-Millionen-Metropole Neu-Delhi übersteigen an manchen Tagen die toxischen Schwaden die von der WHO gesetzte rote Linie um das Fünfzigfache. Oft verschlingt der Smog bereits um die Mittagszeit das Sonnenlicht. In der Liste der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung finden wir sechs indische Städte. Dabei hat das Land hervorragende Ingenieure, Physiker und Chemiker.

Auch bei uns berichten Lungenchirurgen über eine Zunahme von kaputten Lungen. Während beim Klima noch über die Ursachen diskutiert wird, sind die Meinungen beim Thema Umweltverschmutzung einhellig.

In ihrer Nach-mir-die-Sintflut-Mentalität unterscheiden sich industrielle Naturausbeuter allerdings kaum von Asozialen, die ihren Müll überall liegen lassen. Besserung ist nicht in Sicht. Wahrscheinlicher ist eher die Optimierung des menschlichen Genoms, damit der Mensch ähnlich resistent wird wie die Ratten von Tschernobyl.

© Blick, Folge 38 vom 14. Juni 2019