Weltwoche: Komitee zur Rettung der Welt

© Weltwoche 10.12.2020

Ungekürzte Version

 

Komitee zur Rettung der Welt

 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Menschen finanziell und psychisch zerrüttet und mit der Bewältigung des Neubeginns beschäftigt. Das war eine historische Gelegenheit für einen radikalen Reset: Der Wohlfahrtsstaat wurde ausgebaut, die Charta der UNO in Kraft gesetzt, in Bretton Woods einigten sich 44 Länder auf feste Wechselkurse.

 

Klaus Schwab (*1938), Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF), schrieb zusammen mit seinem Team den Bestseller »Covid-19: Der Große Umbruch (Covid-19: The Great Reset)«. Er glaubt, daß nun auch Covid-19 als »Gelegenheit genutzt werden sollte, um institutionelle Veränderungen in die Wege zu leiten« und einen Reset zu erzwingen: zurück auf Start, Geschichte ausblenden und nochmals alle historisch gescheiterten Rezepte wiederholen.

 

Er beginnt mit Analysen, denen viele zustimmen können. Er beschreibt differenziert die Verkettung historischer, wirtschaftlicher, geopolitischer, gesellschaftlicher, ökologischer und technologischer Fakten, doch in seinem komplexen Räderwerk klammert er ein Zahnrad aus: Die Überbevölkerung mit all ihren gravierenden Auswirkungen auf Resourcen, Klima und Migration. Er glaubt offenbar, im Gegensatz zu Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman, daß man sowohl offene Grenzen als auch ein Sozialsystem haben kann.

 

Irritierend ist auch seine Behauptung, es habe während des Lockdowns »keine Luftverschmutzung« gegeben, weltfremd sein Glaube, wonach die Menschen während und nach der Pandemie mehr Empathie und Solidarität zeigen werden. Die Geschichte zeigt, daß in Pandemien Angst und Panik stets zu egoistischem und asozialem Verhalten geführt haben. Nur gerade bei örtlich und zeitlich begrenzten Naturkatastrophen bewiesen die Menschen Solidarität. Doch bei einer Pandemie macht das unsichtbare Virus jeden Nachbarn zum potentiellen Totengräber. Klaus Schwab weiß das, aber er glaubt, daß diesmal alles anders wird.

 

Die Realität widerspricht ihm. Seit Greta Thunberg Altersraßismus salonfähig gemacht hat, ist von Solidarität zwischen den Generationen nicht mehr viel übrig. In einer stark fragmentierten Ich-Gesellschaft, die Partikularintereßen über das Gemeinwohl setzt, bleibt Egoismus die treibende Kraft. Auch die sozialen Medien widersprechen: Sie sind zum Schlachttfeld von Rechthaberei und Intoleranz geworden, draußen demonstrieren zornige Menschen gegen Corona-Maßnahmen. Der Pizzabäcker, der seinen Laden schließen muß, hat nicht die gleichen Intereßen wie der Bankangestellte, der seine Pizza im Homeoffice ißt. Das Einzige, was die beiden gemeinsam haben, ist die Wut. Covid-19 hat allen die Zündschnur gekürzt.

 

In der ersten Hälfte des Buches versucht Schwab mit einer Sowohl-als-auch-Rhetorik Neutralität vorzutäuschen. Er gewährt kontroversen Ansichten Raum und man weiß nie, was eigentlich seine Meinung ist. Hat er eine? Ja, aber die erfährt man erst am Ende des Buches.

 

Schwab zitiert Laotse: »Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt.« Der erste Schritt in Schwabs »Schöner Neuer Welt« ist wohl die Abschaffung des Bargeldes, denn »sein Staat« braucht die Möglichkeit, bei Bedarf die digitalen Sparguthaben der Bevölkerung per Mausklick zu plündern. Wie 2013 auf Zypern, als übers Wochenende der »größte Bankraub der Geschichte (Spiegel)« abgewickelt wurde. Fast alle Notenbanken planen heute die Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Wir wißen alle, daß man die aktuelle Staatsverschuldung von 53 Billionen Dollar nicht mehr auf anständige Art und Weise tilgen kann.

 

Die Pandemie bietet nun die Chance, aus hygienischen Gründen die Abschaffung des Bargeldes zu beschleunigen. Dank Covid-19 zahlen viele Leute nur noch digital und akzeptieren, daß sie dadurch zum gläsernen Bürger geworden sind. Schwab blendet die negativen Seiten nicht aus, er beschreibt die Vorteile jedoch so, daß die Leserschaft zur Einsicht gelangen muß, daß ein »Gesundheitsarmband« mit Tracing- und Traffic-Funktion einen besonderen Schutz bieten könnte. Das chinesische Social-Credit-System kann bereits jedes Fehlverhalten mit Bewegungseinschränkungen oder mit Geldbußen (die in Echtzeit abgebucht werden) bestrafen. Die Akzeptanz in der freien Welt ist eine Frage des Marketings. Wäre es nicht auch für das Klima hilfreich, wenn der CO2-Fußabdruck jedes Individuums sichtbar wäre? Ein grünes Social-Credit-System zur Rettung der Erde?

 

Allmählich wird deutlich, was der Sinn und Zweck dieses Buches ist: der »richtige Weg«. Nachdem uns Schwab mit einer Dystopie im Konjunktiv erschreckt hat, bietet er im letzten Kapitel seine Lösung an: Er wünscht sich ein »Komitee zur Rettung der Welt«, das die »Tyrannei des BIP Wachstums« beendet, er träumt von einer »globalen Ordnungsmacht« nach marxistischen Prinzipien, von einer EU im Weltformat unter dem Kommando von WHO, UNO, IWF und dem »Großen Steuermann« Klaus Schwab. Er bestreitet nicht, daß die Umsetzung seiner Ideen viele Menschen in die Arbeitslosigkeit stürzen würde, und empfiehlt deshalb einen maßiven Ausbau des Sozialstaates.  Man hat den Eindruck, er würde am liebsten alle Menschen enteignen und ihnen monatlich Sozialhilfe überweisen.

 

In seiner »Schönen Neuen Welt« wird der Mensch zur Datenquelle degradiert, zu einem kleinen Pixel, der von einem Software-Algorythmus von der Wiege bis zum Tod begleitet, bevormundet, belohnt und bestraft wird. Schwabs Utopie ignoriert die Natur des Menschen und unterschätzt den Drang nach Freiheit und Selbstbestimmung. Seine Welt nützt nur denen, die sie entworfen haben.


Zahlen zum WEF

Das 1971 von Professor Klaus Schwab gegründete Weltwirtschaftsforum zählt die tausend größten Weltkonzerne zu ihren Mitgliedern. Jeder Konzern bezahlt eine Basis-Jahresmitgliedsgebühr von 42’500 Schweizer Franken und eine Gebühr von 18’000 für die Teilnahme am Jahrestreffen. Industrie- und strategische Partner bezahlen zwischen 250’000 und 500’000, um an den Initiativen des Forums mitzuwirken.

Gemäss Klaus Schwab (Meldung vom 9.12.2020) soll den Teilnehmern in Singapur ausnahmsweise die Gebühr erlassen werden.


 

Heilige Unmoral

© Tages-Anzeiger
– 05. Dezember 2020
 

Heilige Unmoral – wie die Kirche die Spenden für die Armen verprasst

Skandal im Vatikan Hunderte Millionen an Hilfsgeldern für Bedürftige wurden in Hollywoodfilme, Bierbrauereien oder Luxusimmobilien für die Reichsten investiert: Die Römische Kurie wird von der grössten Finanzaffäre der letzten 30 Jahre erschüttert. Dass sie aufgedeckt wurde, ist auch das Verdienst des italienischen Enthüllungsjournalisten Emiliano Fittipaldi.

Oliver Meiler, Rom

«Cupolone», «grosse Kuppel», so nennen die Römer das Dach von Sankt Peter, sie sagen es mit liebevollem Unterton. Die Kuppel spannt sich wie ein Gewölbe über ihre Stadt. Kein weltlicher Bau in Rom darf höher und erhabener sein als Michelangelos Werk, so wollten es die Päpste. Das vermeintlich Heilige sollte über dem Profanen thronen, die Kirche über dem Staat. Moralisch überlegen. Das war natürlich immer schon ein Scherz, die Geschichte ist Zeugin. Aber die architektonische Entrückung ist geblieben.

Ganz besonders eindrucksvoll wirkt das Panorama der Vatikanstadt, dieses kleinen Staates im Staat, ein paar Hundert Einwohner, von Mauern umgeben, wenn man von der Tiberbrücke Umberto I. hinüberschaut. Ist nicht Pandemie, stehen jeden Abend Fotografen auf der Brücke und warten auf das Dämmerrot, den Feuerhimmel über San Pietro. Wenn noch schwarze Wolken den Cupolone umspielen, ist das Drama perfekt, dann entstehen Fotos für Zeiten wie diese.

«Im Vatikan wird gerade der grösste Finanzskandal der letzten 30 Jahre verhandelt», sagt der Investigativjournalist Emiliano Fittipaldi, ein berühmter Enthüller vatikanischer Unheiligkeiten, 46 Jahre alt, Neapolitaner. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was an Verdachtsmomenten und Ermittlungsthesen schon zirkuliert, ist diese Affäre grösser als Vatileaks 1 (2011) und Vatileaks 2 (2015), die Skandale um die gefrässige Kurie und die Wirrungen bei der Bank des Vatikans. Von Vatileaks 1 heisst es, es habe dazu beigetragen, dass Papst Benedikt XVI. zurücktrat. Bei Vatileaks 2 war Fittipaldi unfreiwillig Hauptfigur, in der Rolle des Aufdeckers. Jetzt aber schreiben die Medien von der «grossen Plünderung des Vatikans», vom «Überfall in der Kurie».

«Komisch, nicht?»

Vor einigen Wochen warf Franziskus einen Kurienkardinal raus, der so mächtig war, dass er Hunderte Millionen Euro aus dem Spendentopf der katholischen Kirche verschieben konnte, fast nach Belieben, mit dem Plazet der Päpste natürlich.

«Dieser Topf war extra bilancio», sagt Fittipaldi, ohne Bucheintrag. Das hat er vor einem Jahr aufgedeckt. Der Peterspfennig für die Armen? In den vergangenen zehn Jahren flossen Millionen in Luxusimmobilien in London, in Fonds auf Malta und Luxemburg, auch in Filmproduktionen, die nichts mit dem Vatikan zu tun hatten. 3,3 Millionen Euro für «Men in Black». 1 Million Euro für «Rocketman», den Film über das Leben des Sängers Elton John. Elton John?

«Komisch, nicht?», sagt Fittipaldi, er hat alle Zahlen im Kopf, jeden Namen, jede Affäre, sie brechen wie ein Strom aus ihm heraus. «Die Diskrepanz zwischen dem, was man gemeinhin vom Vatikan erwartet, und dem, was wirklich ist, ist immens.»

Er hat das schon in allen Facetten erlebt. Zu seinem Fachgebiet kam er eher zufällig. Fittipaldi hat Literatur studiert und dann einen Masterkurs in Journalismus absolviert. Als er 2007 von Neapel nach Rom zog, wies ihm sein neuer Arbeitgeber, das Nachrichtenmagazin «L’Espresso», die Schnittstelle zwischen Politik und organisiertem Verbrechen zu. Macht und Mafia, das ganz grosse Feld, es wurde bald noch grösser. «Wenn du in Rom der Spur des Geldes folgst, landest du immer schnell auf der Via della Conciliazione.» So heisst die Allee, die zum Petersplatz führt. «Unweigerlich.»

Fittipaldi ist ein schmaler, grosser Mann, detailverhaftet, beim Zuhören reisst er seine Augen weit auf. Er sitzt jetzt wieder oft in Fernsehstudios und erzählt unfassbare Geschichten von finanziellen Machenschaften, wie aus billigen Thrillern. Geschichten von Gier und Geiz, von Bruderkriegen unter Kurienkardinälen, von schillernden Figuren aus der Halbwelt, von Spionen und Mätressen. «Die Kirche ist eben eine sehr irdische Institution, eine Männerwelt. Geld, Macht, Sex. Das beschäftigt die Herrschaften schon ungemein.» Er sagt das ganz nüchtern, fast emotionslos. «Ich gehe mit technischer Methodik an die Arbeit, als wäre die Kirche eine Institution wie jede andere.» Fittipaldi ist katholisch aufgewachsen, aber zur Messe geht er schon lange nicht mehr. Manchmal spielt man ihm vertrauliches Material zu, dann prüft er die Quellen, schaut sich die Fakten an, die Beweise dazu und schreibt sie auf, neuerdings für die Zeitung «Domani», deren Vizedirektor er ist.

Die italienischen Medien nennen den aktuellen Fall «Caso Becciu». Angelo Becciu ist ein sardischer Kardinal aus Pattada, einem Ort in der Provinz Sassari, arme Verhältnisse, 72 Jahre alt. Ende September fiel er in Ungnade wegen des Verdachts auf Veruntreuung. Abrupt, wie er fand, völlig unfair. «Der Papst begeht einen Fehler», sagte Becciu, als ihm Franziskus nach einer kurzen und angeblich lauten Unterredung alle Rechte und Privilegien des Kardinalsstands entzogen hat. Nur das Purpurrot darf er behalten, die Farbe des Amtes. «Dabei würde ich doch für den Papst sterben.» Das erste Interview nach dem Rauswurf gab Becciu Emiliano Fittipaldi, und das war nicht selbstverständlich: Die zwei verbindet eine lange, durchwachsene Geschichte.

Becciu war von 2011 bis 2018 Substitut des Staatssekretariats, der zentralen Regierungsbehörde des Vatikans, Herz der römischen Kurie. Substitut hört sich nach zweiter Reihe an. Doch Becciu, der davor lange Jahre als Apostolischer Nuntius den Heiligen Stuhl an vielen Orten der Erde vertreten hatte, war ein sehr mächtiger Mann. Die Nummer drei im Vatikan, wenn man so will, nur der Papst und der Staatssekretär standen über ihm. «Er kennt alle Geheimnisse und Winkel des Vatikans», sagt Fittipaldi, «er ist ein Machtmensch, ein versierter Stratege.» Noch haben die Ermittler des Vatikans keine Anklage gegen Becciu erhoben. Fürchtet man ihn? Oder sind die Beweise zu dünn?

Im Staatssekretariat gab es damals eine Kasse, über deren Inhalt niemand Bescheid wissen sollte. Das Geld darin kam vom «Obolus von Sankt Peter», dem Peterspfennig. Jeden 29. Juni bittet der Papst um Spenden für die Bedürftigsten. Der Deal mit den Gläubigen ist: Ihr gebt mir das Geld, und ich verteile es an die Armen. So war das aber nie. Die Spende floss jeweils in die «cassa» im Staatssekretariat. Als Angelo Becciu übernahm, lagen 750 Millionen Euro in der Kasse, etwa 7 Prozent des gesamten vatikanischen Vermögens, das auf 11 Milliarden Euro geschätzt wird. Das ist eine vage Schätzung. Niemand weiss, wie hoch zum Beispiel der Wert der vielen Immobilien im Besitz der Kirche ist. Allein in Rom sind es Hunderte, ganze Palazzi.

Die 750 Millionen in der Kasse des Staatssekretariats aber waren bar, sofort einsetzbar. Das Geld sollte noch etwas mehr werden. Das wäre an sich nicht verwerflich gewesen, hätte sich die Kirche bei ihren Anlagen von den moralischen Standards leiten lassen, die sie von allen einfordert. Doch Becciu war offenbar der Gordon Gekko der Kurie, wie die Hauptfigur im Film «Wall Street» heisst. 2012 hatte er die Idee, 200 Millionen in eine Ölplattform im Meer vor Angola zu pumpen, ein befreundeter angolanischer Erdölindustrieller wollte sie bauen.

Angelo Becciu war als Nuntius lange Zeit in Luanda stationiert gewesen, so hatte man sich kennen gelernt. Die Idee der Plattform wurde verworfen. Die Investition sei nicht sicher genug gewesen, sagte Becciu.

Abgeraten hatte ihm Enrico Crasso, italienischer Financier, wohnhaft in der Schweiz, früher Angestellter der Credit Suisse, der Hausbank des vatikanischen Staatssekretariats. «Das ist kein Zufall», sagt Fittipaldi, «die Verbindung zur Schweiz hat Tradition.» Als sich in Italien 1929 Kirche und Staat trennten, sahen die Lateranverträge eine beträchtliche Entschädigungssumme für den Vatikan vor. 100 Jahre später erfuhr man, dass die Kirche das Geld sofort in die Schweiz brachte, auf Nummernkonten. «Das ist tief drinnen in ihrer Kultur.»

Anstelle der Ölplattform in Angola rückte eine Immobilie in London ins Interesse des Vatikans: Sloane Avenue 60, ein mächtiges kubisches Gebäude mit viel Glas und rotem Backstein, das früher dem Warenhaus Harrods gehörte. Mitten in Chelsea, beste Lage. Der Makler Raffaele Mincione, der das Luxusobjekt anbot, schwärmte Becciu vor, dass sich darin tolle Wohnungen bauen lassen würden, die man dann an vermögende Kunden verkaufen werde. Er kenne da einen grossartigen Innendekorateur.

Und so investierte der Substitut 200 Millionen Euro aus der «cassa» mit dem Geld für die Ärmsten in eine Luxusimmobilie für die Reichsten. Dafür gab es aber nur einen Teil des Gebäudes, es war ein hoch spekulatives und riskantes Geschäft.

Wahrscheinlich wäre die Geschichte nie aufgeflogen, hätte der Brexit nicht das Britische Pfund in die Tiefe gezerrt – und den Londoner Immobilienmarkt gleich mit. Der Vatikan verlor viel Geld, auch weil er viel zu hohe Kommissionen an die Makler und Mittler entrichtete. Ermittler des Papstes suchen jetzt nach Beweisen für ihre Vermutung, dass auch Kirchenfunktionäre im grossen Stil Geld unterschlagen haben. Bei einem Ex-Angestellten des Staatssekretariats fand die Guardia di Finanza Münzen und Medaillen im Wert von 2 Millionen Euro, dazu 200’000 Euro bar in einer Schuhschachtel.

Becciu war ein Mann der alten Nomenklatura, noch berufen von Benedikt XVI., und er war ein treuer Wegbegleiter von Kardinal Tarcisio Bertone, dem langjährigen Staatssekretär, der Symbolfigur des verschwenderischen Umgangs der Kurie mit dem Geld der Gläubigen. Auch die Geschichte Bertones deckte Fittipaldi auf. 2015 wurden ihm Dokumente zugespielt, die zeigten, dass der hohe Prälat mit Geld aus dem katholischen Kinderkrankenhaus Bambino Gesù in Rom das Penthouse aufhübschte, in dem er bis heute lebt.

Eine halbe Million für den Umbau, vor allem die Dachterrasse soll sehr schön geworden sein. Fittipaldi machte aus der Enthüllung sein Buch «Avarizia», Geiz. Ein Bestseller: 200’000 verkaufte Exemplare, übersetzt in 20 Sprachen. Zusammen mit dem Buch «Via Crucis» des Journalisten Gianluigi Nuzzi, der ebenfalls auf geleaktes Material zurückgreifen konnte, bildete «Avarizia» die Grundlage für Vatileaks 2.

Pressefreiheit? Nicht hier

Dem Vatikan gefiel das gar nicht. Becciu war besorgt, dass sein Kartenhaus ins Wanken gerät. Und Franziskus, der in den Jahren davor versucht hatte, die Missstände in der Kurie aufzuräumen, und dafür ein Sekretariat für Wirtschaft einrichtete, ermahnte jene, die die schmutzigen Geheimnisse ans Licht brachten: die Mitarbeiter der vatikanischen Aufsichtsbehörde, die das Material weitergereicht hatten, und die Journalisten, die es für ihre Bücher nutzten. Auch Fittipaldi und Nuzzi sollte der Prozess gemacht werden hinter dem dicken Gemäuer. Der Vorwurf: Veröffentlichung geheimer Akten. Darauf stehen im Vatikan vier bis acht Jahre Haft. Pressefreiheit? Etwas für die anderen.

Nuzzi wies die Vorladung zurück. Fittipaldi aber ging hin, setzte sich vier Stunden lang auf die harte Holzbank im vatikanischen Tribunal. «Das war stressig», sagt er. «Ich kämpfte um meinen Ruf, sie wollten ihn besudeln, das war ein politischer Prozess.»

Aber es war auch aufregend. Die Welt schaute zu, alle grossen internationalen Sender schickten Kamerateams. Das Buch lief danach hervorragend. Sechs Monate später wurden die italienischen Reporter freigesprochen, weil der Vatikan kein Recht hatte, über sie zu richten. Das war absehbar gewesen, doch der Kirchenstaat ist in solchen Dingen oft erstaunlich dilettantisch, fast schon weltfremd.

Es vergingen zwei Jahre, die Wellen legten sich. Dann ernannte Franziskus Angelo Becciu zum Kardinal und Präfekten der Heiligenkongregation. Eine Promotion, hätte man meinen können. Doch bald wurde klar, dass der Papst ihn befördert hatte, um ihn loszuwerden. Weg vom Staatssekretariat und den Geschäften, rüber ins unverfänglichere Dikasterium der Seligen und Heiligen. Eine erste Entmachtung.

Der Job von Becciu im Staatssekretariat ging an Edgar Peña Parra, einen venezolanischen Erzbischof und engen Vertrauten des Papstes. Der erbte den Investitionsflop an der Sloane Avenue. Doch statt die Anteile zu verkaufen, kaufte Peña Parra noch den Rest dazu, das gesamte Investment des Vatikans betrug nun etwa 350 Millionen Euro. Nie zuvor hatte die Kirche so viel Geld investiert. Und nie so abenteuerlich.

Makler Mincione wurde mit 40 Millionen Euro abgefunden, aus der Schatulle mit dem Peterspfennig. Neu verkehrte der Vatikan nun mit einem schillernden Geschäftsmann, einem gewissen Gianluigi Torzi, der in seiner Karriere oft schon Probleme mit der italienischen Justiz gehabt hatte: etwa wegen betrügerischen Konkurses. Doch im Vatikan kam es niemandem in den Sinn, mal kurz nachzuschauen, mit wem man es zu tun hatte. «Es hätte gereicht, wenn sie Torzis Namen gegoogelt hätten», sagt Emiliano Fittipaldi. Und so sass die Kirche mit ihren 350 Millionen Euro plötzlich im Boot mit diesem Torzi. Im Vertrag inbegriffen: ein Handgeld von 15 Millionen für den Broker. Als sie es merkten, war es schon zu spät.

Der «Fall Becciu» ist also auch ein «Fall Peña Parra» geworden. «Die Geschichte hat zwei Halbzeiten, wie ein Fussballspiel», sagt Fittipaldi. In der ersten spielte der Sarde, die zweite läuft noch, es spielt der Venezolaner. Noch ist nicht klar, in welcher Halbzeit der Vatikan am Ende höher verliert – in der ersten oder in der zweiten.

Der Papst hat dem Staatssekretariat mittlerweile die «cassa» weggenommen. Die Finanzen kommen jetzt alle unter ein Dach, Transparenz und Kontrolle sind das Ziel. «Zum ersten Mal handelt der Vatikan aus eigener Initiative», sagt Fittipaldi. Er spricht von «Vatikanopoli», der Begriff ist angelehnt an «Tangentopoli», wie man in den Neunzigern den Korruptionsskandal in Mailand nannte, den die italienische Justiz mit einer Grossoperation trockenlegte. «Das ist schon mal ein gutes Signal, aber noch keine Garantie für Erfolg.» Erst wenn auch «fedelissimi» des Papstes, engste Vertraute, hart geprüft würden, könne das gelingen.

Gegen Becciu ploppen immer neue Vorwürfe auf. Er soll seine drei Brüder begünstigt haben, heisst es. Einer von ihnen ist Schreiner, er durfte Kirchen renovieren in Ländern, in denen Angelo Botschafter war. Die Rechnungen gingen nach Rom. Ein anderer soll 700’000 Euro für seine karitative Organisation auf Sardinien erhalten haben, die mit der örtlichen Diözese arbeitete. Der dritte Bruder, ein Psychologieprofessor, der nebenbei Bier braut, bekam Geld vom angolanischen Ölindustriellen, dem Freund des Kardinals: 1,5 Millionen Euro. Die Firma nannte er Angel’s S.r.l., Engel GmBH – eine Verneigung vor Bruder Angelo?

Ein unsäglicher Verdacht

Und dann gibt es noch die Geschichte von Cecilia Marogna, einer Managerin aus Cagliari, Sardin, wie Becciu, 39. Eine hübsche Frau, sehr aktiv in den sozialen Medien, was nicht so recht zu ihrem Berufsprofil passen will. Marogna erhielt mehrere Hunderttausend Euro aus dem Staatssekretariat für angeblich geheime Missionen. Etwa für die Verhandlungen zur Befreiung einer kolumbianischen Ordensschwester, die in Mali von Jihadisten verschleppt worden war. Marogna soll nämlich auch eine Paralleldiplomatin sein, perfekt vernetzt mit in- und ausländischen Geheimdiensten. Einen schönen Teil des Geldes aus Rom gab sie für Schmuck, Parfüm und teure Möbel aus, für Kleider, Schuhe und Taschen von Prada, Tod’s und Chanel. Das sei ihr gutes Recht, sagte Marogna, als sie verhaftet wurde, sie habe schliesslich dafür gearbeitet.

Aber hat sie das tatsächlich? Oder war sie am Ende Beccius «dama», wie manche glauben, seine Geliebte? Fittipaldi mahnt zur Vorsicht, oft seien vatikanische Geschichten in Wahrheit ganz anders, als man denke. «Ich habe mal zwei Monate lang an einem Scoop gearbeitet, bis ich merkte, dass ein Kardinal die Geschichte von A bis Z erfunden hatte, um einem Rivalen zu schaden.» Alle Akten waren gefälscht, für den Abfalleimer.

Äusserst unwahrscheinlich kommt ihm jetzt auch eine These vor, die in den vergangenen Wochen Schlagzeilen gemacht hat, es ist eine unerhörte Vermutung. Becciu soll Zeugen dafür bezahlt haben, dass sie sich als Missbrauchsopfer ausgaben im Prozess gegen seinen grossen Rivalen, den australischen Kardinal und früheren Präfekten im Wirtschaftssekretariat, George Pell. Um ihn auszuschalten. Man muss sich das mal vorstellen, es wäre der grösste Skandal von allen, Sloane Avenue hoch zehn. «Bisher gibt es aber keine Beweise dafür», sagt Fittipaldi. «Nichts, gar nichts.» Im Vatikan gibt es Stimmen, die behaupten, die Entourage von Pell habe die These in die Welt gesetzt, um sich zu rächen. Er mache bei diesen Spekulationen nicht mit, sagt Fittipaldi. Und tut es damit doch.

Ihm sind schon viele Scoops gelungen, belegt mit Fakten und Dokumenten. «Aber Journalistenpreise holt man damit keine in Italien», sagt er und lacht. Wer nicht ständig herunterbete, wie wunderbar dieser Papst sei und Amen, der gelte als Gotteslästerer, als Nestbeschmutzer. Das Charisma von Franziskus nehme viele Kollegen gefangen, sagt Fittipaldi. Und macht sie befangen. «Auf mich wirkt es ja auch.» Es blendet ihn aber nicht bei der Arbeit.

Stadtstaat mitten in Rom

350-Millionen-Euro-Deals mit schillernden Geschäftsmännern: Über der Basilika im Vatikan braut sich etwas zusammen. Foto: Christian Hartmann (Reuters)

Wollte die Händler aus dem Tempel jagen: Papst Franziskus. Foto: Keystone

Im Zentrum des Skandals: Kardinal Becciu. Foto: Reuters

Im Fokus der Kollegen: Journalist Emiliano Fittipaldi. Foto: Imago

«Die Kirche brachte das Geld sofort in die Schweiz.»

Emiliano Fittipaldi

«Wenn du in Rom der Spur des Geldes folgst, landest du immer schnell im Vatikan.»

Emiliano Fittipaldi

Textauszug »Pacific Avenue«

 

In der Kiste waren 81 schwarze Büchlein gestapelt, es waren die Tagebücher meines Vaters. Sollte ich sie lesen? Ich dachte, vielleicht wäre das eine Möglichkeit, mehr über diesen seltsamen hageren Blonden im hellblauen Hemd zu erfahren.

Ich griff wahllos in die Kiste und nahm das erste Büchlein heraus, schlug es auf und las: 14. April 1958. Rösti mit Blutwurst. 20.00 Pfarrei. Also wollte ich meinem Vater noch eine Chance geben, damit er mir möglicherweise aufzeigen konnte, dass auch sein Leben in einem gewissen historischen Kontext gestanden hatte.

Nächster Griff in die Kiste: Tagebuch 1963. Hm, haben Sie da irgendeine Erinnerung? Die Vögel von Hitchcock und die erste Lebertransplantation. Dass der Patient nicht überlebte, gehört ins nächste Jahr. Ich schlug eine der letzten Seiten des Jahres 1963 auf: Weihnachten in Vilaincourt. Durchfall. Jurassische Küche. Alte Hexe. Ich vermute, er sprach über die Kochkünste meiner über alles geliebten Großmutter Germaine. Ich muss sie hier in Schutz nehmen, denn die Magen-Darm-Probleme hatte mein Vater, weil er ständig ins Goldene Fass flüchtete und dort eiskaltes Bier trank und die Serviertöchter anhimmelte. Ich kann das bezeugen, denn ich musste ihn jeweils begleiten. Ein Bier, ein Sirup. Erinnern Sie sich?

Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass nicht jeder Tag im Leben eines Menschen der absolute Hammer ist. Mozart schrieb zum Beispiel am 17. Juli 1770 in sein Tagebuch: »Gar nichts erlebt. Auch schön.« Aber immerhin tiefgründiger als: Bohnensuppe.

Sind wir jetzt fertig?, hat meine Lektorin am Rand notiert. Noch nicht ganz.

Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass jedes Leben repetitiv wird, weil das erste Mal nur einmal das erste Mal ist, also einmalig, und was nachher folgt, ist vielleicht eine Variante, aber immer auch eine Wiederholung. Oder können Sie sich an Ihren 475. Orgasmus erinnern? Aber der erste Kuss ist Ihnen bestimmt noch allgegenwärtig. Es gibt Leute, die in ihren Tagebüchern sehr intime Gedanken niederschreiben. Kafka notierte zum Beispiel: »Ein erstes Zeichen beginnender Erkenntnis ist der Wunsch, zu sterben.« Flaubert schrieb in sein Reisetagebuch Dinge wie: »Donnerstag, den 17. Januar, Nil, Sonne, Bäder, Lustknaben. Spital Kasr-el’-Aini. Hübsche Fälle von Syphilis. Negerinnen poussieren.« Das gibt doch was her, oder?

Aber ich will dennoch versuchen, meinem Vater einigermaßen gerecht zu werden, denn Mozart hat uns allen bewiesen, dass nicht an jedem Tag etwas Außerordentliches passieren kann. Um in Erfahrung zu bringen, ob jemand siebzig Jahre lang nur Trash in seine Tagebücher notiert hat, muss man ein Datum wählen, das historisch bedeutsam ist.

Also versuchte ich es mit dem 22. November 1963. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, was damals geschah. Wirklich nicht? Ich erinnere mich, dass ich damals die Basler Nachrichten und die National Zeitung im Kleinhüninger Quartier verteilte. Beide Blätter haben das historische Ereignis mit einer seitenfüllenden Fotografie auf die Frontseite gesetzt. Ich hatte Gänsehaut! Es gibt Ereignisse, wie später 9/11, bei welchen jeder noch ganz genau weiß, was er in dieser Stunde getan hat. Also musste doch auch mein Vater diesen historischen Augenblick in seinem Tagebuch erwähnt haben. Ich schlug es auf und las: Kennedy erschossen. Nüdeli mit Hackbraten. 20.00 Pfarrei.

 

Cueni, Claude. Pacific Avenue (German Edition) Wörterseh Verlag. Kindle-Version.

 

 

076 Blick »Lizenz zum Sterben«

© 27.11.2020 

Krieg führen lasse die anderen, heirate!» Das war die Erkenntnis eines Mannes, der fünfzehn Jahre lang Krieg geführt und durch eine Heirat vorübergehend auch seinen persönlichen Frieden gefunden hatte. Kaiser Maximilian I. (1459–1519) war nicht nur «der letzte Ritter», sondern auch der «erste Kanonier», weil er die Kriegsführung modernisierte und der Militärmedizin mit der «strukturierten Triage» sein Siegel aufdrückte. In Kriegszeiten sollten verwundete Soldaten je nach militärischem Rang Vorrang und Zivilisten letzte Priorität haben.

Die Triage wurde bereits im alten Ägypten praktiziert, in Europa regelte 1787 ein königlich-preussisches Reglement die Vorgehensweise verbindlich. Dominique Jean Larrey, Sohn eines Schuhmachers, setzte im Laufe der napoleonischen Kriege als Militärarzt und Feldchirurg eine neue Triage durch. Er nahm keine Rücksicht auf den militärischen Rang der Verwundeten. Er galt deshalb als «Freund der Soldaten». Mit seinen fliegenden Lazaretten führte er Notamputationen auf dem Schlachtfeld durch, und es war ihm egal, ob der Verwundete Freund oder Feind war.

Mit der Pandemie ist das Thema Triage wieder in den Schlagzeilen. Wer kriegt das letzte Beatmungsgerät? Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) hat nun gemeinsam mit den Akademien der Wissenschaften Schweiz (SAMW) neue Richtlinien erlassen. Eine neunstufige Skala soll Intensivmedizinern bei Bedarf helfen, Patienten nach medizinethischen Grundsätzen zu klassifizieren und dafür zu sorgen, dass Entscheide im Nachhinein transparent und nachvollziehbar sind.

Wer aber in den kommenden Wintermonaten durch die Triage fällt, sollte wenigstens die Wahl haben, sein absehbares Ende durch eine externe Freitodbegleitung innerhalb des Spitals abzukürzen. Falls er dies ausdrücklich wünscht. Zurzeit sind Freitodbegleitungen in Universitätsspitälern juristisch nicht zulässig, obwohl Sterbehilfe keine Tötung wäre, sondern eher Schmerzbefreiung mit Todesfolge.

Leider leisten sich viele Gesunde eine Gutmenschenethik, die weder auf Schmerzerfahrung noch auf Empathie beruht. Die Erlösung, die man dem geliebten Haustier gewährt, sollte man auch dem Menschen gewähren. Sofern er dies wünscht.

074 Blick »Schnitzel ohne festen Wohnsitz«

In den 1970er-Jahren wollten viele von uns Zigeuner sein, denn Zigeuner waren unkonventionelle Lebenskünstler ohne festen Wohnsitz. Das war das Lebensgefühl der Flower-Power-Generation. Wir wollten frei sein. Der Zigeunerlook war populär, er stand für Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll. Das Zigeunerleben wurde in Liedern besungen und in Filmen romantisch überhöht. Als Teenager war ich verdammt stolz, als ich als Vagabund per Autostopp durch Europa reiste, denn irgendwie war ich ein bisschen Zigeuner.

Intellektuelle massen sich an, die Bedürfnisse von Randgruppen zu definieren

Soeben ist Göläs Autobiografie «Zigeunerherz» erschienen. Der Religionspädagoge Stefan Heinichen (57) nennt den Buchtitel «eine Verharmlosung und eine Negierung der Bedürfnisse der Sinti- und Roma-Gemeinschaften in der Schweiz». Definiert er neuerdings schulmeisterlich, welche Bedürfnisse Sinti und Roma haben sollten?

Selbst Fahrende nennen sich stolz Zigeuner. Der Schweizer Verein Zigeunerkultur organisiert jeweils die «Zigeunerkulturtage» und schreibt auf seiner Homepage: «Wir benützen dieses Wort aber bewusst und mit positivem Selbstverständnis.»

So stellt sich die Frage, wer eigentlich den Sinti und Roma und der Gesellschaft im Allgemeinen einreden will, dass Zigeuner zum Wortschatz von Rassisten gehört. Der überhebliche Belehrungszwang entsteht stets im universitären Umfeld privilegierter Intellektueller, die den Alltag normaler Leute nur vom Hörensagen kennen und die meiste Zeit mit Genderfragen und künstlichen Debatten über Ampelmännchen und rassistischen Produktebezeichnungen verbringen.

Journalisten versuchen, sich in politischer Korrektheit zu übertreffen

Was diese Sprachpolizei lautstark proklamiert, interessiert praktisch niemanden. Umso grösser ist das Interesse bei jenen Journalisten, die sich gegenseitig in Political Correctness übertreffen wollen.

Wenn also Göläs Biografie den Titel «Zigeunerherz» trägt, wünscht man sich etwas mehr Gelassenheit. Die Meinungsfreiheit endet nicht dort, wo selbst ernannte Kulturkrieger die Grenzen ziehen. Gölä ist einer jener Zigeuner aus der Nach-Woodstock-Ära, so wie auch ich einer war. Wir mochten Zigeuner.

Wahrscheinlich überarbeiten jetzt die meisten Restaurants vorsichtshalber ihre Speisekarten und ersetzen das «Zigeunerschnitzel» durch «Schnitzel ohne festen Wohnsitz».

Claude Cueni (64) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK. Sein neuer Thriller «Genesis – Pandemie aus dem Eis» ist im Verlag Nagel & Kimche erschienen.

073 Blick »Wenn Bücher brennen«

«Und nicht wenige, die Zauberei getrieben hatten, brachten ihre Zauberbücher herbei und verbrannten sie vor aller Augen.» Auf diesen Bibeltext beriefen sich religiöse Fanatiker, wenn sie in den folgenden 2000 Jahren unliebsame Schriften den Flammen übergaben. Seit der Antike werden missliebige Schriften öffentlich verbrannt, manchmal zusammen mit ihren Verfassern.

Um 1193 fackelte der islamisch-türkische Eroberer Bakhtiyar Khilji die buddhistische Nalanda-Universität ab, ab dem 4. Jahrhundert loderte die religiöse Pyromanie der römisch-katholischen Kirche, die Inquisition war der vorläufige Höhepunkt.

Der Wahn infizierte alle Kontinente. Der Bischof Diego de Landa liess in Yucatan fast alles vernichten, was in Maya-Schrift verfasst war. Nach den Bücherverbrennungen der Nazis verbrannten die Roten Khmer 1975 in Kambodscha Bibliotheken, im Bosnienkrieg fackelten serbische Nationalisten über eine Million Bücher ab, im März 2001 wurden während eines Gottesdiensts im US-Bundesstaat New Mexico «Harry Potter»-Romane wegen angeblicher Hexerei verbrannt.

Jungsozialist Timo Räbsamen sitzt im Stadtparlament von Wil SG. Im Februar 2019 schrieb er in einem mittlerweile gelöschten Instagram-Post: «Heute brennt die Weltwoche, morgen dann Roger Köppel» – und illustrierte die Zeilen mit einem Foto, das einige Geschichtslose beim Abfackeln einer «Weltwoche» zeigt.

Hätten junge SVPler getextet: «Heute brennt die Wochenzeitung, morgen dann die Chefredaktoren» – es hätte Nazikeulen geregnet. Leider gibt es in den Redaktionen immer mehr «Influencer», die sich als publizistischen Arm eines totalitären Mobs verstehen und zweierlei Mass anwenden.

ARD-Journalist Hanns Joachim Friedrichs (1927–1995) sagte einst: «Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache. Auch nicht mit einer guten.»

Alle zu den Wahlen zugelassenen Parteien haben ihre Berechtigung, sie repräsentieren einen Teil der Bevölkerung. Kontroverse Meinungen und zivilisierte Debatten sind die Vitamine einer gesunden Demokratie.

Doch heute gilt: Was von rechts kommt, ist Faschismus, was von links kommt, war bloss Satire. Heinrich Heine (1797–1856) prophezeite: «Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende Menschen.»

 

072 Blick »Heute Rebell, morgen Despot«

©Fotolizenzen: Christina Guggeri

In den 1970er-Jahren war es für einen Teenager chic, mit einem PLO-Schal wie jenem des Chef-Terroristen Yassir Arafat herumzulaufen, die Bibel des Massenmörders Mao zu promoten, auf dem Klo ein Poster des Stalin-Verehrers Che Guevara aufzuhängen und den Unrechtsstaat DDR als Paradies zu verklären. Das war links und das war cool und man musste nichts mehr beweisen. Wir stellten unsere Moral über das Gesetz. Illegal war scheissegal.

Sozialistische Parteien mutierten zu Verbotsparteien. Linientreue ersetzte die Debattenkultur, die DDR wurde zum Vorbild. Planwirtschaft statt Marktwirtschaft. Das zugemauerte «Arbeiterparadies» wurde einer der weltweit grössten Umweltsünder. Demonstrieren konnte man nur in der Zelle.

Textauszug Clemens Traub »Future for Friday“

Clemens Traub ist Politik-Student an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz und SPD-Mitglied. Momentan ist er Werkstudent beim ZDF in der „heute“-Redaktion.

Clemens Traub ist als ehemaliger „Fridays for Future“-Demonstrant weit davon entfernt, den Klimawandel zu leugnen, distanziert sich aber mittlerweile von der Bewegung. Ein Auszug seiner Streitschrift erschien im Magazin CICERO. Daraus habe ich mit Erlaubnis des Autors einzelne Textstellen in diesen Blog kopiert.

© 2020 Clemens Traub

 

 

Das typische Milieu der meisten „Fridays for Future“- Demonstranten kenne ich gut. Es ist in gewisser Weise mein eigenes und das meines jetzigen Freundeskreises: großstädtisch, linksliberal, hip. Arzttöchter treffen darin auf Juristensöhne.

(…)

Akademikerkinder bleiben unter sich. Ein Querschnitt der Gesellschaft also, den die Klimaproteste abbilden? Weit gefehlt! „Fridays for Future“ ist die Rebellion der Privilegierten, und die Bewegung bietet ihnen die perfekte Möglichkeit, ihren eigenen kosmopolitischen Lebensstil und das eigene Talent zur Schau zu stellen.

(…)

Klimaschutz auf Kosten der sozial Schwächeren

Die Bewegung in ihrem Elfenbeinturm merkt dabei gar nicht, dass ihre Kritik den Lebensstil vieler sozial Schwächerer betrifft, die aus finanziellen Gründen nicht immer die freie Wahl haben. Sie werden als Klimasünder gebrandmarkt, weil sie nicht im Bioladen einkaufen, sondern beim Discounter. Dass es Menschen gibt, bei denen die Sorgen angesichts immer höherer Strom- und Mietpreise die Diskussion über den Verzicht auf Flugreisen von vornherein obsolet machen, das kommt den Demonstranten gar nicht in den Sinn.

Wie auch? In ihrer wohlbehüteten Lebenswelt ist das alles ganz weit weg. Gerade das macht die Bewegung aber zu einem Risiko, denn sie setzt den sowieso schon fragilen Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel. Für einen großen Teil der Bevölkerung überwiegen jedoch andere, dringlichere Alltagssorgen. Wer angesichts der Ankündigungen der Industrie Angst hat, von Jobabbau betroffen zu sein, für den ist im Moment die Brandrodung im tropischen Regenwald zweitrangig.

(…)

Die oftmals alltagsfern geführten Diskussionen grenzen weniger privilegierte Menschen in der öffentlichen Debatte aus.

(…)

Andauernd hoben sie mahnend den Zeigefinger. Blickten aus dem Elfenbeinturm auf alle Menschen, die anderer Meinung waren, herab.

(…)

Bewegung des sozial privilegierten Nachwuchses

Dieser Zeigefinger wurde langsam, aber sicher das Wiedererkennungsmerkmal der Bewegung. Ihre Feindbilder waren glasklar. Ihr Weltbild gefährlich eindimensional. Meine Großstadtfreunde bekämpften plötzlich alle, die in ihren Augen eine Mitschuld am elend der Welt trugen: die Fleischesser, die Plastiktütenträger, die Dieselfahrer, die Kurzstreckenflieger, die Langstreckenflieger, die Kreuzfahrttouristen, die Landwirte und natürlich die bösen SUV-Besitzer. Aber ganz ehrlich: Gehören wir nicht alle immer mal wieder zu einer dieser Gruppen?

Elitäre Selbstüberschätzung, wohin ich blickte. In ihrer moralischen Überheblichkeit war (und ist) ihnen gar nicht bewusst, wie viele „normale“ Menschen sie damit vor den Kopf stießen.

Meine Einschätzung, bei „Fridays for Future“ handle es sich vor allem um eine Bewegung des sozial privilegierten Nachwuchses, ist inzwischen mit entsprechenden Zahlen belegt.

Finanziert wurde die Studie von der Bündnis 90/Die Grünen-nahen „Heinrich Böll Stiftung“.

Die Studie spricht Bände: Demnach gaben über 90 Prozent der Befragten an, mindestens das Abitur (beziehungsweise die Fachhochschulreife) gemacht zu haben oder dies gerade anzustreben. Eine überwältigende Mehrheit von 90 Prozent!

„Fridays for Future“ verkörpert damit nicht einmal ansatzweise den Querschnitt der Gesellschaft, wie so oft behauptet wurde.

Mich wunderte, wie wenig das ernüchternde Ergebnis der Studie dann jedoch diskutiert wurde. Dabei musste die Gesellschaft doch aufgeklärt werden über den privilegierten Background und die daraus folgende Abgehobenheit der jungen Protestler. Verändert dies nicht den gesamten Blickwinkel auf die bestimmende gesellschaftliche Debatte der letzten Monate?

Gerade die Aushängeschilder der Bewegung kommen allesamt aus „bürgerlichsten“ Verhältnissen.

Da haben wir zum Beispiel Luisa Neubauer, die bekannteste deutsche „Fridays for Future“-Aktivistin. Aufgewachsen ist sie im recht gut betuchten Elbvorort Iserbrook in Hamburg. Alle Hamburger wissen: Nicht gerade eine Wohngegend, die bekannt ist für ihren sozialen Wohnungsbau. Ihr Abitur machte sie in Hamburg-Blankenese.

Es ist das Hamburger Villenviertel schlechthin. Sightseeing-Busse bieten inzwischen Rundfahrten durch das Viertel an, um den neugierigen Touristen die Prachtvillen zu präsentieren. Sie ist Stipendiatin der parteinahen Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen und auch Mitglied der Partei. Einer Politikerkarriere steht also nichts im Wege, das sagt sie auch selbst. „Eine Karriere als Politikerin möchte ich nicht ausschließen“, erzählte sie beispielsweise „Zeit Campus“.

Perfekte Selbstvermarktung

Rebellion von unten sieht anders aus. Perfekte Selbstvermarktung trifft es wohl eher. Die Inszenierung als Underdog bekommt jedenfalls Risse. Heute erreicht man Luisa Neubauer nur noch über ihr Management! Demonstranten als Popstars! Und die kann man natürlich auch nicht mehr einfach auf der Straße ansprechen, wenn man zusammen demonstriert. Jedenfalls nicht bei „Fridays for Future“. Also bitte, was für eine naive Vorstellung! Zwar gibt es auch innerhalb der „Fridays for Future“-Bewegung Kritiker der ausufernden Personeninszenierungen, doch eine wirkliche Veränderung ist nicht in Sicht.

Aus der Klimabewegung ist zwischenzeitlich vor allem eines geworden: ein Karrieresprungbrett für den ehrgeizigen Elitennachwuchs. „Fridays for Future“ ist die perfekte Bühne, um von sich Reden zu machen. Vielen der gebildeten Akademikersprösslinge ist das natürlich bewusst. Je mehr mediale Aufmerksamkeit, desto attraktiver ist es, in der ersten Reihe zu stehen. Vermeintlich idealistischer Aktivismus lässt sich inzwischen sehr gut vermarkten.

Einmal einen Auftritt in einer Talkshow ergattern oder zumindest einmal den eigenen Namen in der Zeitung lesen können – all das kann zur Chance des Lebens werden. In vorderster Reihe dabei zu sein fühlt sich nicht nur wahnsinnig gut an, es ist auch eine Art Freifahrtschein für das spätere Berufsleben. Und als wenn das nicht schon ausreichen würde: Eine Flut neuer Instagram-Follower ist natürlich auch noch eine traumhafte Begleiterscheinung. In diesem sinne: Volle fahrt voraus!

Rebell zum eigenen Vorteil

Die Elite von morgen

Die allermeisten „Fridays for Future“-Aktivisten wissen: Ihnen gehört die Zukunft. Viele haben die klassische Biografie eines Kosmopoliten. Ihnen wurde durch ihre soziale Herkunft alles in die Wiege gelegt, um zum Profiteur unseres Systems zu werden. Einfach alles stimmt: das Auftreten, das soziale Umfeld und natürlich die Bildung.

Obwohl sie den Weltuntergang als permanente Drohung vor sich hertragen, bereitet ihnen ihre Zukunft keine Angst. Warum denn auch? Für sie stehen die Türen sehr weit offen. sie beherrschen die komplizierten Regeln unserer individualisierten Wissensgesellschaft ganz genau. Sie werden ihr Praktikum in Brüssel und nicht in Bottrop machen. Lieber EU-Kommission als Einzelhandel. Der wird zukünftig eh keine Chance mehr haben. Und außerdem: Connections regeln! Ihr englischer Wortschatz ist meist größer als der deutsche. Perfekt vorbereitet also auf die Zukunft, komme was wolle. Denn sie sind die Elite von morgen. Das Gefährliche daran: All das ist den Demonstranten meist gar nicht bewusst.

Außenseiter sein, erst das macht das Rebellentum sexy. Was muss ein sozial Abgehängter denken, wenn sich auf einmal wohlhabende Kosmopoliten in der rolle des Außenseiters gefallen! Und sie gefallen sich nicht nur in ihr. Nein, sie inszenieren sie regelrecht.

Statt Gerechtigkeitsfragen bei „Fridays for Future“ mit zu bedenken, reduzierte sich die Bewegung von Anfang an rein auf Fragen des Lebensstils. Auch in meinem Freundeskreis ist Artensterben einfach cooler als Altersarmut. Ist das Thema Gender hipper als Grundrente.

Der neue grün-bürgerliche Habitus regelt das Freund-Feind-Schema der Klimadebatte.

© 2020 Clemens Traub

071 Blick »Ein Denkmal für Polizeibeamte«

   

Seit 1821 stirbt der Luzerner Löwe in seiner Grotte vor sich hin. Mit jährlich rund 1,4 Millionen Besuchern gilt er heute als eines der meistbesuchten Touristenziele Luzerns. Für die meisten ist dieses in Sandstein gehauene Denkmal «das traurigste und bewegendste Stück Stein der Welt (Mark Twain)». Nicht alle wissen, dass der Löwe an den Untergang der Schweizergarde erinnert, die am 10. August 1792 erfolglos die Tuilerien in Paris gegen den Ansturm der aufgebrachten französischen Revolutionäre verteidigte.

Vor elf Jahren warf «eine unbekannte Körperschaft» rote Farbbeutel auf den Löwen, um gegen das Denkmal zu protestieren, aber auch um sich mit Straftätern zu solidarisieren, die im Verdacht standen, in Frankreich Terroranschläge gegen TGV-Züge verübt zu haben. Einige Medien druckten das anonyme Bekennerschreiben als sei es eine offizielle Regierungserklärung.

Einmal mehr wollte ein anonymes Grüppchen der Allgemeinheit vorschreiben, was sie sehen darf und was nicht. Schaden für den Steuerzahler: 75’000 Franken.

Man ändert die Geschichte nicht, indem man die Krankenakte der Zivilisation umschreibt. Der Löwe entsprang Ende des 18. Jahrhunderts dem damaligen Zeitgeist. Vor lauter Empörung vergessen die Vandalen, dass die Liebhaber des Denkmals nicht die Monarchie verherrlichen, sondern die Kunst der beteiligten Bildhauer bewundern.

Vor zwei Jahren gelang dem Luzerner Löwen der Sprung über den Atlantik. Nun stirbt er auch im «Memorial Park» in der US-amerikanischen Stadt Colorado Springs. Er erinnert nicht an die gefallenen Schweizer, sondern gedenkt der dreissig Polizeibeamten, die seit 1895 bei der Verhaftung von Straftätern am östlichen Rand der Rocky Mountains ums Leben gekommen sind. In Stein gemeisselt sind die Worte:

Ich war dort, wo du fürchtest zu sein.

Ich habe gesehen, was du fürchtest zu sehen.

Ich habe getan, was du fürchtest zu tun.

All diese Dinge habe ich für dich getan.

Kürzlich wurde nun auch dieses Denkmal beschädigt. Wenn jeder zerstört, was ihm missfällt, enthüllen wir eines Tages das Denkmal eines Diktators, der einen Bürgerkrieg beendet hat, und von der Biografie der Menschheit bleibt nur noch ein prähistorischer Faustkeil übrig.


© Blick 2020


 

070 Blick »Sind Wahlplakate Littering?«

 

 

Wer Wahlen gewinnen will, sollte sich in der Öffentlichkeit mit berühmten Unterstützern umgeben und es vermeiden, den Leuten mit der Wahrheit die gute Laune zu verderben. Diese Empfehlung stammt nicht etwa aus einem heutigen Strategiepapier, sondern von Quintus Cicero (102–43 v. Chr.), dem Wahlkampfmanager und Bruder des berühmten Marcus Tullius Cicero.

 

Wählbar waren nur Personen, die das 30. Altersjahr überschritten hatten, denn Jüngere hielt man aufgrund der fehlenden Lebenserfahrung und der altersbedingten Leichtsinnigkeit für nicht ganz zurechnungsfähig.

 

Der Eintrag in die amtlichen Bewerbungslisten kostete nach heutiger Kaufkraft ca. 15’000 Franken. Nur Reiche konnten ein Amt anstreben. Fortan mussten sie aber auch bei Hungersnöten mit ihrem Privatvermögen einspringen. Heute haftet keiner mehr persönlich, weder für fehlende Masken, zu späte Grenzschliessungen, zu frühe Lockerung des Lockdowns noch für vorsätzliche Falschinformationen.

 

In der römischen Republik gab es kein politisches Parteiensystem, wie wir es heute kennen, es gab auch keine Wahlprogramme. Somit waren allein Charisma, Volksnähe und die Reputation der Unterstützer ausschlaggebend. Diese liessen den Namen des Kandidaten in roter oder schwarzer Tusche auf Wandverputze malen. Diese sogenannten Wahl-Dipinti säumten Einkaufsstrassen wie heute die Wahlplakate, die in der freien Natur später den Tatbestand des Litterings erfüllen.

 

Gekaufte Stimmen waren genauso üblich wie heute auf den Philippinen, wo der Major einer Barangay (Gemeindepräsident) auf seinem Moped von Haus zu Haus fährt und für umgerechnet ca. vier Franken Stimmen einkauft.

 

Populär waren auch Brot und Spiele, wobei diese dem Kandidaten meistens rote Zahlen bescherten, was seine Wahl erschwerte, da man zu Recht annahm, dass er sich nach einem Wahlsieg auf Staatskosten sanieren würde. Heute, wo die meisten Parteikassen leer sind, begnügt man sich mit bunten Werbegeschenken und anderen Wegwerfartikeln.

 

Wahlplakate haben die antiken Dipinti ersetzt. Oft werden sie beschädigt. Ironischerweise mobilisieren jene Vandalen, die kein Verständnis für Demokratie haben, die Nichtwähler der geschädigten Partei. Und auf die kommt es an.