Replik auf das Blickinterview mit Palliativmediziner Steffen Eychmüller.
Ungekürzte Version.
In einem Blickinterview vom 18.11.2014 kommentiert Steffen Eychmüller, ärztlicher Leiter am Zentrum für Palliative Care des Berner Inselspitals, den Suizid von This Jenny mit der Frage: „Wovor hatte er Angst? Der Entscheid ist möglicherweise ein Zeichen von Misstrauen. Offensichtlich glaubte er nicht, dass die Medizin Wege bietet für ein würdevolles Sterben – auch nachdem keine Hoffnung mehr auf Heilung besteht.“
Diese Angst ist mehr als berechtigt! Palliativmediziner behaupten stets, heute müsse kein Todkranker mehr mit Schmerzen sterben. Man könne z.B. Morphium verabreichen. Das hilf vielen, aber nicht allen. Morphium beinträchtigt in höheren Dosen die Atmung. Sind die Schmerzen nicht mehr beherrschbar, wird der Patient ins künstliche Koma versetzt und stirbt nach einigen Tagen, während er im Koma liegt. Das ist die bittere Wahrheit hinter dem beruhigenden Satz: „Heute muss niemand mehr unter Schmerzen sterben.“
Eychmüller führt weiter aus, EXIT sei heute sexy: „Es ist Ausdruck des Zeitgeistes. Man lebt selbstbestimmt, man managt sein eigenes Leben und seinen eigenen Tod.“
Was soll daran falsch sein? Herr Eychmüller hat seine Weltanschauung, andere Menschen haben eine andere Weltanschauung. So what? Es steht auch einem Palliativmediziner nicht zu, anderen (wildfremden) Menschen die eigene Weltanschauung aufzuzwingen. Und den Politikern steht dieses Recht noch weniger zu.
Eychmüller sagt: „Unsicherheit, das Schicksal, der grössere Zusammenhang – das wird alles ausgeklammert.“ Was soll daran falsch sein? Schön für Herrn Eychmüller, wenn er eines Tages im Sterben einen grösseren Zusammenhang sieht. Andere Menschen sehen das nicht so. Die einen sind religiös, die anderen sind es nicht.
Eychmüller romantisiert das Sterben inmitten der Angehörigen. Wenn jemand vor dem sicheren Tod steht, von Schmerzen geplagt, hat er nur einen Wunsch: Aus diesem Leben verschwinden. Auf „Gemeinsames Nachdenken“ wird gerne verzichtet, auch auf all die „wertvollen Erfahrungen“, die in Kürze eh irrelevant sind.
Eychmüller sagt, Exit sei gut für „Leute, die extrem individualistisch bis egoistisch leben, alles selber regeln und nichts dem Zufall überlassen wollen.“ Wieso soll Eigentverantwortung egoistisch sein? Welcher vernünftige Mensch überlässt ausgerechnet das Sterben dem Zufall?
Dass Sterbehilfeorganisationen „sexy“ sein sollen, erstaunt aus dem Mund eines Palliativmediziners. Glaubt er im ernst, dass ein schmerzgeplagter Todkranker, der mit Exit sein Martyrium beenden will, seinen Entscheid „sexy“ findet?
Ich verstehe, dass jeder Suizid für einen Palliativmediziner eine Kränkung darstellt. Aber Palliativmediziner müssen begreifen, dass sich niemand für ihre Weltanschauung interessiert. Man stirbt den eigenen Tod.
Wer wenige Tage oder Wochen vor dem sicheren Tod steht und zur Minderheit gehört, die an unbeherrschbaren Schmerzen leidet, hat nur eine Wahl: Den fachmännisch ausgeführten Suizid. Was bringt das Sterben im Koma? Einen Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde? Oder bloss Genugtuung für den Palliativmediziner.
Fazit:
Für viele Menschen ist es eine sehr grosse Erleichterung, wenn Sie wissen, dass sie im Notfall mit Exit oder LifeCircle aus dem Leben scheiden können. Diese Gewissheit macht den Alltag bis zum Sterben erträglicher.