Sonntagszeitung: Furioser Thriller

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Tages-Anzeiger / Sonntagszeitung / Berner Zeitung

– 19. Juli 2020 10:37

Literatur

Neuer Roman von Claude Cueni

Wie die nächste Pandemie aussehen könnte

Claude Cueni hat noch vor Corona ein Szenario für eine globale Viruserkrankung gezeichnet. Und darüber einen furiosen Thriller geschrieben.

Rico Bandle

«Die grösste Gefahr, die der Menschheit droht, sind nicht Kriege, Meteoriteneinschläge, Klimawandel oder Negativzinsen, sondern eine Pandemie.» Wer das sagt, ist Luis C. Mendelez, ein umtriebiger Professor im neuen Roman von Claude Cueni, der in diesen Tagen herauskommt. Das Erstaunliche daran: der Schweizer Schriftsteller hatte das Buch schon vor der aktuellen Corona-Krise fertig geschrieben.

Mendelez will nichts weniger als die Menschheit vor dem Untergang retten. Und zwar, indem er den Leuten das Immunsystem von Ratten einpflanzt, dem resistentesten Säugetier auf unserem Planeten. Die Nager verbreiten zwar das Virus, erkranken aber selber nicht daran. Cueni macht aus diesem Stoff einen filmreifen, apokalyptischen Thriller, dessen Handlung rund um den Erdball führt – und erst noch hervorragend recherchiert ist.

Das Virus kommt per Schiff nach Europa

Erster Schauplatz ist die britische Antarktiskolonie Südgeorgien, wo eingeschleppte Ratten das Ökosystem zerstört haben. Die Rattenplage auf der Insel ist eine historische Tatsache, ebenso deren Bekämpfung durch Tonnen von Giftködern. Es war die bislang grösste Ratten-Ausrottung weltweit. Bloss: Bei Cueni überleben einige Exemplare, die Jahre später per Schiff nach Europa gelangen und im ohnehin schon rattendurchseuchten London eine Pandemie auslösen. Denn diese Nager tragen ein Virus in sich, das vom Tier zum Menschen übertragbar ist.

Cueni verwebt geschickt verschiedene Handlungsstränge. Da begegnen sich zum Beispiel der Besitzer der grössten Rattenbekämpfungsfirma Londons und eine der Zwangsheirat entflohene Inderin, die in ihrer Heimat Ratten darauf trainiert hatte, TNT und Tuberkulose aufzuspüren. Beide kommen mit Professor Mendelez in Kontakt, der besessen ist von der Idee, die DNA des Menschen zu optimieren. «Hier geht es nicht um Ethik, es geht ums Überleben der menschlichen Rasse», verkündet er. Skrupellos arbeitet er seinem angeblich so hehren Ziel entgegen.

Ob es ihm tatsächlich gelingt, mit der sogenannten CRISPR/Cas-Methode – auch sie ist keine Erfindung Cuenis – die Menschen gegen künftige Pandemien immun zu machen, sei hier nicht verraten. Der Weg dorthin jedenfalls ist so spannend, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.


 

 

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