#chronos (1954)

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randNobelpreisträger Albert Einstein diente gläubigen Christen jahrzehntelang als Beweis, dass selbst die intelligentesten Menschen der Welt an einen Gott glauben. Doch 1954, ein Jahr vor seinem Tod, schrieb Einstein in einem Brief an den Philosophen Erich Gutkind: «Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger aber doch reichlich primitiver Legenden«, Religion sei eine «Inkarnation primitiven Aberglaubens». Sein Bekenntnis zum Atheismus wurde 2008 bei Bloomsbury für 207’600 Pfund versteigert und am 18. Oktober 2012 für drei Millionen und 100 Dollar weiterverkauft.

1954 klagte der Science-Fiction-Autor L. Ron Hubbard bei einem Autorentreffen in New York über die schlechte Bezahlung von SF-Autoren. Sein Kollege Harlan Ellison riet ihm, eine Religionsgemeinschaft zu gründen, um wenigstens Steuerbefreiung zu erlangen. Hubbard gründete die Firma «Scientology», nannte sie «Religionsgemeinschaft», seine späteren Mitarbeiter «Geistliche», sein Büro «Kirche» und schuf mit einer Science-Fiction-Story eine milliardenschwere Psychosekte, die labilen Jugendlichen mit überteuerten Kursen das Geld aus der Tasche zieht.

Wesentlich günstiger und unterhaltsamer war der Roman «Der Herr der Ringe», der 1954 in England unter dem Originaltitel «The Lord of the Rings» erschien. Autor John Ronald Reuel Tolkien verkaufte den grossen Klassiker der Fantasy-Literatur mittlerweile über 150 Millionen Mal.

Leider verlief auch das Jahr 1954, wie alle Jahre davor und danach, nicht ohne kriegerische Konflikte. Kaum hatte der Indochina-Krieg mit der Niederlage der Grande Nation geendet, begann Paris einen achtjährigen Kolonialkrieg gegen die algerische Widerstandsbewegung FLN. Die «französische Doktrin» der «schmutzigen Kriegsführung» erlaubte grausamste Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung und kostete rund einer Million Menschen das Leben.

Gemäss der Devise des römischen ­Schriftstellers Flavius Vegetius Renatus (ca. 390 n. Chr.), man müsse für den Krieg rüsten, wenn man den Frieden wolle, zündeten die USA nach «Ivy Mike» (1952), die zweite und bisher stärkste Wasserstoffbombe über dem Pazifik. Sie entsprach der 846-fachen Stärke der Hiroshima-Bombe, war aber noch nicht ausreichend, um den Planeten im Ernstfall gänzlich auszulöschen. Es wird weiter geforscht.

Der Kalte Krieg wurde auf allen Ebenen ­ausgetragen. US-Präsident Dwight D. Eisenhower unterschrieb den «Communist Control Act of 1954», der die Mitgliedschaft und Unterstützung der Kommunistischen Partei unter Strafe stellte. Da im gleichen Jahr mit der Fernsehnorm NTSC das Farbfernsehen eingeführt wurde, konnte man die McCarthy-Prozesse («Sind Sie oder waren Sie jemals…?») auch in Farbe mitverfolgen.

Zum beginnenden Übergewicht der amerikanischen Bevölkerung trug aber nicht nur das stundenlange Glotzen bei, sondern auch die Fastfood-Kette Burger King, die in Miami ihr erstes Schnellimbissrestaurant eröffnete.

Ein historischer Tag war der 11. April 1954. Der britische Programmierer William Tunstall-Pedoe hatte ermittelt, dass dieser Tag der langweiligste Tag des 20. Jahrhunderts gewesen sei, weil an diesem Datum die wenigsten bedeutenden Ereignisse stattgefunden hätten.

Aufregender war hingegen das erste Transistorradio von Texas Instruments, das kurz vor Weihnachten in die Läden kam. Der kleine Regency TR-1 brachte Elvis Presley mit dem alten Blue-Song «That’s All Right» in die Wohnzimmer. Es war der Beginn seiner Jahrhundertkarriere als Rock-’n’-Roll-Star.

Bild: 1954 präsentieren Wissenschaftler der RAND Corporation den Entwurf eines Home Computers, den sie für das Jahr 2004 prognostizieren
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